Zeitzeugen: Elisabeth Steinberg, geb. Langweg

 


Am frühen Morgen: das erste Frühstück

Das Wecken besorgte die Mutter um 5 Uhr: Zunächst wurden die Knechte und Mägde geweckt. Die Mägde besorgten das Melken, die Knechte putzten die Pferde, bereiteten den Häksel und machten sämtliche Ställe zurecht. Die Hausfrau (Mutter) bereitete währenddessen das 1. Frühstück, das gegen 1/2 7 Uhr eingenommen wurde. Es wurde gemeinsam gefrühstückt. Das Frühstück bestand aus Kaffee, Brot und Rübenkraut, im Winter gab es Pannhas. Fleisch gab es erst beim 2. Frühstück.

Das Ankleiden am Morgen

Frauen und Mädchen wie auch die Männer wuschen sich in der Waschkammer. Das Wasser war aus dem Brunnen im Hofe geholt worden. Zum Waschen wurde Seife benutzt. Für die Mädchen was es eine "Katzenwäsche; sie erfrischten sich kurz, banden sich das Kopftuch um und gingen zum Melken in den Stall. Erst vor dem Frühstück wurde gründlich Toilette gemacht. Die Füße wusch man sich, wenn dies notwendig erschien, also nach schmutzigen und staubigen Arbeiten, wie Pflügen, Ernte, beim Dreschen. Den Kindern wurde eingeprägt, zu waschen "Ohren, Hals, Gesicht und Händ". Die Ganzwäsche geschah in Ermangelung der Räume und Vorrichtungen höchst selten. Die Wäsche wurde regelmäßig wöchentlich gewechselt. - Die Kinder wurden im Schlafzimmer halb angezogen, wuschen sich in der Waschkammer und wurden meinst in einem warmen Zimmer dann vollends angezogen. Die Mutter, Magd oder eine große Schwester halten hierbei. - Besondere Morgenkleidung kannte man nicht. Alle erschienen fertig angezogen, somit auch die Frauen ohne Nachtjacke und Nachtmütze. Die Männer hatten ihr Arbeitszeug an, die Jacke oder entsprechend dem Wetter den Kittel. An den Füßen trug man Holzschuhe.

Vor dem 2. Frühstück

Das Mittagessen wurde bereits früh gegen 9 Uhr auf den Herd gesetzt. Meist war es ein Gemüsetopf, in dem der Speck nie fehlte. In der Schlachtzeit wurde er vom Kleinfleisch (Rippchen, Füße, Schwanz, Rückstrang) abgelöst. Das Essen kochte die Mutter. Vorbereitet waren in der Regel nur die Kartoffeln, die tags zuvor geschält waren. Das Gemüse wurde regelmäßig am Vormittag zurecht gemacht, seien es Erbsen, Bohnen, Kappus, Stielmus. Das erledigte die Mutter, die im Bedarfsfall von der "Hausmagd" oder einer Tochter unterstützt wurde. Trockene Erbsen, Bohnen, Wibbelbohnen (Pferdebohnen) wurden am Tage vorher zum Einweichen in Wasser gesetzt. - Töpfe und Kessel bestanden sämtlich aus Gusseisen. Die Gusstöpfe hatten den großen Henkel und wurden in den Herd eingesetzt. Der gusseiserne Wasserkessel wurde später durch einen Emaillekessel ersetzt. Die Gusspfannen hatten lange Holzstiele. Die Familie hatte in der Berichtszeit bereits einen emaillierten Herd, eine "Kockmaschine" mit einem Kupferkessel für ständiges Warmwasser. Der Herd stand neben dem noch vorhandenen offenen Kamin des früheren Herdfeuers. An der anderen Seite des "Herdfeuers" stand der "Kauhpott", der große Kessel, in dem das Viehfutter gekocht wurde. Dieser gusseiserne Kuhtopf (ich kenne ihn von unserer kleinen Viehhaltung noch recht gut) wurde jede Woche mit Eisenschwärze eingefärbt und auf Hochglanz gebracht, "gepottloht", wie wir sagen. Neben dem "Kauhpott" war der "Holthuk" bzw. "Torfhuk" für das Brennholz. Bis um die Jahrhundertwerde wurde auf eigenem Grund noch Torf gestochen, im "Torfhuk" gelagert und verheizt.

Das Haus wurde jeden Morgen gefegt und Silbersand gestreut. Der Sand wurde nicht in Mustern gestreut. Auch wurde täglich Staub gewischt. Nur vor höheren Feiertagen oder Familienfesten wurde die Küche geschrubbt. Die Deele hatte einen Lehmboden und wurde deshalb nicht geschrubbt. Die Betten machten die Mutter oder die Magd, die den Hausdienst hatte. Sommertags wurde auch der kalte Herd mit Silbersand gestreut. Die Herdplatte wurde mit Sand und einem ausgedienten Holzschuh auf Hochglanz gebracht.

Das zweite Frühstück

Es heißt bei uns "de twedde Koffi", und es war besonders "nahrhaft": belegte Butterbrote, Ei, manchmal auch Buchweizenpfannkuchen mit "Einlage" (Speck- und/oder Mettwurstscheiben). Das gleiche erhielten die auf dem Feld arbeitenden Leute. Die geräucherte Mettwurst aß man roh wie heute. Natürlich wurde sie speziell beim Grünkohlgemüse mit gekocht. Frau Steinberg kann sich erinnern, dass im Elternhaus bereits vor dem 1. Weltkrieg Spiegeleier auf den Tisch kamen. Wie schon gesagt, gab es häufig beim Frühstück auch Pfannkuchen, im Winter Pannhas. Getrunken wurde der selbst gebrannte Kaffee aus Roggen und Gerste. - Zum Transport des Kaffeegeschirrs aufs Feld benutzte man den viereckigen Deckelkorb (Marktkorb) mit Henkel. Kanne und Tassen waren emaillierte Blechgefäße. Das Frühstück ins Feld brachte die den Hausdienst versehende Magd oder die Kinder.

Frau Steinberg hat häufig ihren Vater sagen hören, dass zu seiner Zeit alles viel einfacher gewesen sei: das Essen, die Kleidung, das Vergnügen, die gesamte Lebensweise.

Die Tischordnung

Familie und Gesinde saßen bei Langweg beim Essen an einem Tisch. So war es allgemein bei den kleinen und mittleren Bauern. Bei den "Herrenbauern" und auf den Adelsgütern bestand die Trennung, wenn auch die Tische teils im gleichen Raum standen. - Der Esstisch stand bei Landweg in der geräumigen Wohnküche. - Der Ausdruck "Kattendisch" ist hier bekannt. Das war bei uns der Kleinkindertisch, an dem die Kleinkinder - vielfach zu einer anderen Zeit als zur Essenszeit der Großen - ihr Essen einnahmen. - Ein Tischtuch wurde nur bei Visite, an hohen Feiertagen und bei Familienfesten aufgelegt. Es war aus Leinen. Ein und derselbe Teller wurde sowohl für die Suppe wir für das Gemüse gebraucht. Messer und Gabel gehörten dazu, der Löffel für den bei Bedarf. Der "Esskuhlentisch" ist unbekannt. Bei Langwegs ist er jedenfalls nie in Gebrauch gewesen. Pannhas und Bratkartoffeln kamen meist in der Pfanne auf den Tisch.

Obenan saß der Bauer. Eine streng hierarchische Sitzordnung bestand nicht oder eine Ordnung nach Geschlechtern. Wohl hatte jeder seinen ständigen Platz. Kinder saßen auf der Holzbank, die an einer Längsseite des Tisches stand.

Vorbereitung der Speisen

Erbsen wurden in Säcken, aufgehängt, auf dem Boden aufbewahrt. Das Dreschen der Erbsen besorgten die Knechte, das Döppen die Mutter und/oder die Magd. Auch ältere Leute besorgten dies. Ebenso verhielt es sich mit dem Schnibbeln der Bohnen, dem Stifteln der Möhren, dem Schneiden von Kappus, Wirsing, Rotkohl, Stielmus und dem Zubereiten des sonstigen Gemüses. Meist geschah es am Tage des Gebrauchs rechtzeitig vor dem Aufsetzen des Essens. Die Kartoffeln wurden am Tag vorher geschält. - Das Einmachen von Sauerkraut war Gemeinschaftsangelegenheit. Die Frauen machten die Kappusköpfe sauber und schnitten sie durch. Das Schaben besorgte der Vater oder ein Knecht, das Eintreten ein Kind (konnte auch ein Mädchen sein). Hierzu wurden sauber geschruppte Holzschuhe angezogen. - Der Honig wurde als Brotaufstrich verwandt, galt aber auch als ein gutes Mittel gegen Erkältungen. Es gab jeden Tag Butter.

Sauer konserviert wurde Weißkohl (Sauerkraut). Schnibbelbohnen und Stielmus in Fässern und Tontöpfen. Von den Birnen und Äpfeln wurde ein Teil gedörrt. Der andere Teil wurde lose auf dem ausgebreiteten Roggen aufbewahrt. Ein Teil der Kohlköpfe wurde mit den Köpfen nach unten in eine spatenstichtiefe Grube eingemietet. So hielt er sich geraume Zeit. Die Möhren kamen in eine Ecke der Runkelmiete. In Zubindegläser kamen Birnen, Pflaumen und Gurken.

Das Essen

Die Mutter gab meist den Beginn des Essens bekannt. Sie betete vor. Das Gebet vor dem Essen bestand aus "Aller Augen warten auch dich, o Herr, ..." sowie einem Vaterunser und Gegrüßet seiest du Maria. Nach dem Essen wurde gebetet: "Wir sagen Dir Dank für alle Deine Gaben ..." und dem Engel des Herrn. Nach dem Abendessen wurde auf den Knien noch das Familiengebet "O liebreichster Jesu" angefügt. Speisefolge: Gemüse (mit Einlage) und Milchsuppe. Gab es Fleischsuppe, so wurde diese vor dem Hauptgang gereicht. Die Speisen trug die Magd auf, welche den Hausdienst zu versehen hatte, oder die Mutter. Gemeinsam aus den Pfanne aß man Pannhas und Bratkartoffeln. Im Laufe der Woche kamen - von der Saison natürlich beeinflusst - alle Gemüsesorten auf den Tisch:

Weißkohl (Kabbes, Fletschkabbes)
Wirsing (Schafoi)
Sauerkraut (Surmaus)
Möhren (Wotteln)
Stangenbohnen (Fitzebohnen) oder eingemachte Fitzebohnen
Strauchbohnen (Strukbohnen, Wassbohnen)
Stielmus (Ströppreuwen)
Kohlrabi
Melde (Melle)
Grünkohl (Greunkohl), die Triebe der Grünkohlstrünke wurden als Gemüse "Ströppmaus" genannt
Erbsensuppe (Erwensuppe)
Bohnensuppe
Rotkohl (roen Kabbel)
Himmel und Erde.

An Salaten wurde aufgetischt

Grüner Salat
Kartoffelsalat
Weißkohlsalat (warm mit ausgelassenem Speck)

An Suppen kannte man

Fleischsuppe mit Suppennudeln
Milchsuppe (Mehlsuppe, Grießsuppe, Buttermilchsuppe, Brotsuppe, Sagosuppe)
Eiersuppe

Obst, das der eigene Betrieb lieferte

Birnen
Äpfel
Plaumen
Johannisbeeren (Jansbieren)
Stachelbeeren (Krisselbieren)
Eierpflaumen
gedörrte Äpfel (gedrögte Appel)
gedörrte Birnen (Broebirnen)

Pfannkuchen u. ä.

Buchweizen- (Bauweitenjannhinnerk)
Weizen
Kartoffel - (geknorten Pannkauken)
Reibe- (Erpelspannkauken)
Püfferkes (Weizen- oder Buchweizenplätzchen aus Hefeteig)

Zum Gemüse gab es Fleisch: hauptsächlich gekochten Speck, gekochte Mettwurst (meist Grünkohl), gebratene Wurst, Kleinfleisch, Rippchen. Zum Speck aß man Schwarzbrot. Brot aß man regelmäßig zu Milch, Speck, Pfannkuchen, Rührei. Die Kartoffeln waren das Fundament eines jeden Essens. Reis kam als Einlage in die Suppe oder wurde für den "dicken Reis" mit Zucker-Zimt bestreut verwandt. Es gab gekochte Eier. Freitags gab es Kartoffeln mit einer Zwiebel-Specksoße und Hering oder anstelle des Herings Eier oder Pfannkuchen. Außen den rohen Salaten gab es - von Obst abgesehen - keine Rohkost. Die gedörrten Birnen und Äpfel habe ich bereits erwähnt.

Das Spülen

Das Geschirr wurde in der der Küche benachbarten Waschkammer in einem Kübel gespült. Die Teller wurden hinter den "Richel" (Bord) gestellt, die Tassen kamen in den "Köppkeskorw" (Tassenkorb) und dann in den Schrank, das Besteck in die Schublade.

Unterstunde

Von Mai - September war nach dem Mittagessen bis 2 Uhr Mittagspause. In der Erntezeit wurde die Ruhezeit notfalls abgekürzt.

Vesper

Den Nachmittagskaffee nahm man je nach Aufenthalt im Hause oder draußen auf dem Feld ein. Es gab Kornkaffee mit Milch und Zucker und Brot mit Aufstrich, in der Ernte belegte Brote (Stuten und Schwarzbrot) - Bei besonderen Einsätzen wie Ernte, Holzarbeiten, Mähen, Urbarmachen wurde mehrfach ein Schnäppchen gereicht.

Abendessen (Owendetten)

Um 7 Uhr im Winter, im Sommer späte (zwischen 1/2 8 und 8 Uhr) wurde das Abendessen eingenommen. Es gab aufgewärmtes Gemüse Milchsuppe oder Bratkartoffeln, Pfannekuchen, Pannhas. Freitags gab es meist Bratkartoffeln und Pfannekuchen. Auch der Kartoffelpfannekuchen aus Kartoffelbrei ("geknorten Pannkauken") kannte man und setzte ihn auf.

Besuch

Dem unerwarteten Besuch wurde Kaffee und stets belegtes Brot wie auch ein Ei angeboten. Auch der Zwieback ("Beschüte") gehörte zum Angebot. Der Besuch nahm in der Wohnküche Platz, es sei denn, eine höhergestellte Person (Pastor, Lehrer) sei gekommen. Diese kamen in die "beste Stube". Dem männlichen Besuch wurde eine Zigarre angeboten und ein klarer Korn eingeschenkt. Den hatte man ständig in einem Fässchen im Haus vorrätig. Für den Aufgesetzten (Oppgesatten) verwandte man die schwarzen Johannisbeeren. Nie fehlte im Haus der selbst gemachte Wermutschnaps (Korn mit einem Sträuchleich vom Wermutstrauch). Auch einem nachbarlichen Abendbesuch wurde etwas angeboten, uns sei es nur ein Apfel oder Dörrobst.

Zu Bett gehen

Sommertags wurde nicht vor 10 Uhr, wintertags nicht vor 8 Uhr das Bett aufgesucht. Der Vater zog die Uhr auf und ging als letzter zu Bett.


letzte Änderung: 22.04.2018 Impressum - Datenschutz