Paul Töfflinger war königlich-preußischer Revierförster. Er wurde 1914 von einem Wilderer erschossen. Die Einzelheiten schildert ein Zeitungsartikel der Ruhr Nachrichten, den Theo Täpper im Jahre 1975 verfasste:
"Förstermord blieb bis heute unvergessen:
Töfflinger-Gedenkstein erinnert an Geschehen von 1914 - Familie in Darmstadt
30. Mai 1914: Pfingsten war gekommen. Wie auf vielen Bauernhöfen in der Gemeinde Kirchhellen wurde an diesem Tage auch das Forsthaus des Revierförsters Paul Töfflinger in Kirchhellen-Grafenwald (später Bodemann) mit kleinen Birkenbäumchen und Fichtengrün geschmückt. Frau Töfflinger hatte ihre acht Kinder schon festlich angezogen, und alle im Hause freuten sich auf den gemeinsamen Abend mit dem Vater, der am frühen Abend in das Revier "Hohe Heide" gefahren war, um dort den Thyssen-Direktor Becker auf einen Rehbock anzusetzen, denn das gehörte mit zu seinen Aufgaben. - Doch noch an diesem Abend passierte das Unfassbare: Paul Töfflinger wurde von einem Wilderer aus dem Hinterhalt im Revier "Hohe Heide" erschossen.
Als königlich-preußischer Revierförster im Dienst des Industriellen Thyssen ist Paul Töfflinger, 1914 von Wilderern in der Hohen Heide erschossen, vielen älteren Kirchhellenern noch in guter Erinnerung |
Mit "Waidmannsheil" verabschiedete sich Töfflinger gegen 19 Uhr von Becker zu einem kleinen Reviergang durch das angrenzende Burenbrock. Bis dahin - etwa 200 m weiter - kam er aber nicht mehr, denn Töfflinger traf auf zwei Männer, die ein Gewehr trugen. Einen davon kannte er als leidenschaftlichen Wilderer. Töfflinger rief sie an, stehen zu bleiben und die Gewehre wegzuwerfen. Der ihm bekannte Wilderer Fahnenbrock (mit den Trägern gleichen Namens in Kirchhellen nicht verwandt) befolgte diese Aufforderung; der andere sprang in den Wald zurück. Töfflinger nahm Fahnenbrock fest.
Im Schutze des Waldes war der andere Wilderer unbemerkt den beiden gefolgt. An einer freien Stelle bot sich eine Gelegenheit zum Schuss auf den Förster. Aus einer Entfernung von etwa 150 m traf die Kugel Töfflinger in den Rücken, der sofort tot war. Ein junger Mann aus dem Burenbrock, der zufällig auf der jetzigen Forststraße war, hörte den Schuss. Kurze Zeit später sah er, dass zwei Männer den toten Förster in den Wald ziehen wollten. Bei seinem Erscheinen ließen sie jedoch den erschossenen Förster im Graben liegen und flüchteten. Der junge Mann (es war ein Sohn des Bauern Riesener, der mit Töfflinger oft gejagt hatte) erkannte sofort, dass der Tote Revierförster Paul Töfflinger war. Riesener lief zum Hause Weiß und holte Hilfe. Auf einer Schiebkarre brachte Theo Weiß seinen toten Freund in sein Haus. Ihm fiel nun die schwere Aufgabe zu, die Todesnachricht der Familie Töfflinger zu überbringen.
Am 31. Mai 1914 konnte der dringend tatverdächtige Wilderer Brüggemann in Bottrop in seiner Wohnung festgenommen und ins Bottroper Gerichtsgefängnis eingeliefert werden. Hier erhängte er sich jedoch schon einige Stunden später mit seinem Hosenträger.
Fahnenbrock war es gelungen, sich nach England abzusetzen. Hier konnte er von der Polizei zwar festgenommen werden; doch noch vor seiner Auslieferung brach der 1. Weltkrieg aus und Fahnenbrock wurde bis Kriegsende interniert. 1919 kam er nach Deutschland, wurde sofort von der Polizei verhaftet und in das Gladbecker Gerichtsgefängnis eingeliefert. In der bald darauffolgenden Verhandlung schob er alle Schuld auf Brüggemann und musste deshalb freigesprochen werden. Seine Leiche wurde während der Spartakistenzeit an der Mauer der GHH in Oberhausen gefunden; er war erschossen worden. Seine Mörder konnten nie gefasst werden.
Mit der Anteilnahme, wie sie Kirchhellen noch nie erlebt hatte, wurde Töfflinger auf dem Friedhof in Grafenwald beerdigt. Unter den Trauergästen war auch die Familie Thyssen. Auf der Rückseite des kleinen Denkmals auf dem Grab Töfflinger ließ seine Frau den Spruch einmeißeln: "Du warst die liebe auf Erden - und Deine Liebe war unser Glück".
Paul Töfflinger war nach der Forstlehre bei Fürst Pless 1904 als Revierförster nach Kirchhellen gekommen und wohnte mit seiner Familie auf dem früheren Bauernhof May in Grafenwald. Zehn Tage nach dem Tode von Paul Töfflinger wurde das neunte Kind - Pauline - im Forsthaus geboren. Frau Töfflinger bewirtschaftete weiterhin die zum Forsthaus gehörenden Weiden und Äcker. Dreimal in der Woche fuhr sie mit Pferd und Wagen, sehr oft aber auch mit dem Kinderwagen, zum Markt nach Bottrop, um dort Eier, Butter, Obst und selbstgebackenes Brot zu verkaufen.
Allen Kindern ermöglichte sie unter großem persönlichen Verzicht den Besuch des Gymnasiums. Als die meisten Kinder "ausgeflogen" waren, gab sie das Forsthaus auf und zog auf den kleinen Thyssen-Kotten (jetzt Blümer) in der Hohen Heide. Hier, herausgerissen aus ihrer trauten Umgebung, fühlte sie sich nicht wohl und verzog Anfang der 30er Jahre zu ihren Kindern nach Darmstadt, die hier inzwischen sesshaft geworden waren.
Fast bis zum 90. Lebensjahr arbeitete sie im Haushaut ihrer Tochter Doris. 1966 verstarb sie im 93. Lebensjahr. Mit Kirchhellen hatte sie - ebenso wie ihre Kinder - ständig sehr engen Kontakt, besonders mit der Familie Rektor Heinrich Schulte-Strathaus aus Feldhausen, der ein persönlicher Freund ihres Mannes gewesen war und sich auch nach seinem Tode sehr um die Familie Töfflinger gekümmert hat.
In Kirchhellen leben noch viele Bürger, die Paul Töfflinger und seine Familie persönlich kannten. Es dürfte sie deshalb sehr interessieren, was aus den Kindern geworden ist: Gerhard war Forstamtmann, zuletzt Leiter des Forstamtes Zierenberg in Hessen, wohnt jetzt in Ahnatal bei Kassel; Willi Assistent an der TH in Darmstadt fiel als Freiwilliger in Stalingrad; Erich, technischer Angestellter bei der Firma Henschel in Kassel, lebt dort als Rentner; Martha, verheiratet gewesen mit einem Forstmeister, der in Italien gefallen ist; Doris, verheiratet gewesen mit dem Eigentümer des bekanntesten Ausflugslokal in Darmstadt, dem "Oberwaldhaus", seit 3 Jahren verwitwet, lebt ebenfalls mit der Schwester Martha in Darmstadt; Klara, mit einem Kaufmann in Darmstadt verheiratet und dort auch wohnhaft; Gertrud, bis zu ihrer Pensionierung 1973 als Lehrerin in Gelsenk.-Buer tätig, jetzt wohnhaft in Darmstadt; Pauline, mit einem Dipl.-Ing. verheiratet gewesen, der 1944 gefallen ist, wohnt jetzt in Darmstadt; Hedwig, unverheiratet und über 30 Jahre im Hotel ihrer Schwester Doris tätig gewesen, verstarb 1970 in Darmstadt.
Zum Gedenken an Paul Töfflinger wurde schon 1914 an der Stelle, in der
Hohen Heide, an der ihn die Wildererkugel tödlich traf, ein großes Holzkreuz
errichtet. das 1934 durch einen Gedenkstein mit der Aufschrift: "Zum Andenken an den Revierförster
Paul Töfflinger, geb.
17.4.1871,
er fiel durch Wildererhand in treuer Pflichterfüllung am
30.5.1914" ersetzt wurde. Mehrmals wurden die bronzenen Platten
gestohlen. Der Hegering Kirchhellen ließ 1963 eine neue Marmorplatte mit
derselben Anschrift anbringen. Unter dem Findling ruht die Urkunde mit dem
Bericht über die näheren Umstände des Todes von Paul Töfflinger.
Auf Veranlassung des Heimatvereins Kirchhellen wurde der Weg in der Hohen Heide, auf dem Töfflinger erschossen wurde, "Töfflinger Weg" genannt.
Das ist der Gedenkstein, den die Freunde von Töfflinger 1934 an der Stelle errichteten, an der er am 30.5.1914 aus dem Hinterhalt von einem Wilderer erschossen wurde." |
Am Töfflingerdenkmal fanden mehrmals Gedenkfeiern statt. Von
1964 und 1989
gibt es hier Fotos.
Die Presse berichtet u. a. auch 1983,
1984,
1989 und
2004.
Gerhard E. E. Töfflinger, ein Enkel Paul Töfflingers, schrieb ein Buch über seinen Großvater.
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