1898, 26. Juni: Grundsteinlegung der Kirche

Beginn des Kapellenbaues

Die Vergabe der Erd- und Mauerarbeiten fand am 01.05.1898 statt. Die Grafenwälder begannen mit der versprochenen Eigenleistung. Sie rechneten es sich als Ehre an, auch tatkräftig am Bau des Gotteshauses mitzuhelfen, sowohl der Bauer und Kötter, der Forstarbeiter und Handwerker nach harter Arbeit als auch der Bergmann nach mühevollem Schaffen  unter Tage und langem Fußmarsch.

Die für die Kapelle erforderlichen 500.000 Ziegelsteine wurden fast alle geschenkt und kostenlos von den Landwirten vom Bahnhof in Kirchhellen mit dem Pferdefuhrwerk bis zur Einmündung Bottroper Straße / Schneiderstraße herangefahren. Obwohl die Schneiderstraße damals ein Hauptkommunalweg war, konnte die Steinladung hierüber nicht transportiert werden. Der Weg war für die schweren Fuhrwerke zum Kapellen-Bauplatz zu sumpfig trotz der "Ausbesserung" der Fahrrinnen mit Knüppeln und Baumstämmen. Die Steine mussten auf Feldbahnenwagen (Loren) umgepackt und auf ansteigendem Gelände über Feldgleise mit "Muskelkraft" zur Baustelle hochgefahren werden. Dort wurden sie wieder abgeladen.

Der Chronist schreibt dazu in der Festschrift von 1924:

Die Einwohner Grafenwalds wetteiferten  in planmäßig verteilter, freudig geleisteter Arbeit, das Werk zu fördern. Das Baukomitee, an seiner Spitze Kaplan Heinrichs, hatte rastlose Arbeit zu leisten, um Stockungen zu vermeiden.

Grundsteinlegung

Das Abräumen der Baustelle vom Aufwuchs der Sträucher und Bäume hatten die Bewohner von Grafenwald schon im Frühjahr in Eigenleistung erledigt. Der mit der Ausführung der Erd- und Maurerarbeiten beauftragte Unternehmer konnte sofort mit seinen Bauarbeiten beginnen.

Der Kirchhellener Pfarrer Dr. Lohmann konnte am Sonntag, 26.06.1898 den Grundstein legen. Die Feierlichkeit fand nachmittags um 5 Uhr statt. 

Grafenwald  Grundstein der ersten Kirche

Nach dem Verlesen der Urkunde fanden die üblichen Gebete, Gesänge und Segnungen statt. Die konnte anschließend von jedem Festteilnehmer unterzeichnet werden. Dabei hielt Kaplan Heinrichs eine Ansprache. Er dankte für die Opferwilligkeit und bat, auch ferner noch eine offene Hand für die gute Sache zu haben. Die Kollekte während der Einsegnungsfeier erbrachte 260 Mark. Außerdem wurde 30 Mark für Pulver gesammelt.

Freude und Festtagsstimmung herrschten in der Bevölkerung Grafenwalds an diesem für sie so wichtigen Tag.

Die Maurer- und Zimmererarbeiten bleiben ohne Unfallfolgen. Am 21.12.1898 ereignete sich dagegen bei den Dachdeckerarbeiten ein tragisches Unglück. Zwei Dachdecker stürzten aus der beträchtlichen Höhe von etwa 25 m am.

Ein Arbeiter starb kurze Zeit nach dem Unfall. Der andere wurde mit seinen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Durch diesen bedauerlichen Unfall erfuhren die Arbeiten am Bau der Kirche keine großen Verzögerungen. Bereits Mitte Februar 1899 waren die Schieferplatten aufgebracht.

Der äußere Bau der Kapelle stand nun vollendet da und im Herbst war der Innenausbau soweit gediehen, dass jetzt auch an die Einweihung gedacht werden konnte. Alle Arbeiten waren zügig voran gegangen.

Während der Bauzeit musste Kaplan Heinrichs Kirchhellen verlassen, um eine Rektorstelle in Burlo zu übernehmen. Als Nachfolger wurde Kaplan Dr. Heinrich Küpper Vorsitzender des Baukomitees.

Urkunde

Im Namen der heiligsten und ungeteilten Dreifaltigkeit: Des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Am 26. Juni im Jahre des Heils 1898, als nach göttlicher Vorsehung Leo XIII. Papst war und Wilhelm II. als Deutscher Kaiser und König von Preußen glorreich regierte und unser hochwürdigste Herr Dr. Hermann Dingelstad durch Gottes Erbarmen und durch die Gnade des Apostolischen Stuhles Bischof von Münster war, hat in diesem Teil der Pfarrei, der "Grafenwald" genannt wird und weit von der Pfarrkirche entfernt ist, der hochwürdige Herr Dr. Anton Lohmann, der jetzige Pfarrer von Kirchhellen, den Grundstein für eine Filialkirche zu Ehren der Heiligen Familie feierlich geweiht.
Der Grundstein wurde in das Fundament des neu zu errichtenden Gotteshauses eingefügt.

Bei dieser feierlichen Handlung waren die Herren vom Bauausschuss zugegen, nämlich Kaplan Engelbert Heinrichs, Franz May, Johann Umberg, Werner Knipping. Dazu zwei Herren vom Kirchenvorstand: Johann Bußmann und Johann Kreienkamp. Auch ihre Stellvertreter waren anwesend: Kaplan Dr. Heinrich Küpper und Georg Venker, Rektor in Feldhausen sowie der Gemeindevorsteher Herr Frie und Herr Amtmann Meistring.
Eine große Zahl der Pfarrangehörigen, vor allem aus der näheren Umgebung, nahm freudig Anteil.

Diese Gotteshaus wird auf einem Gelände, das Herr Franz May großzügig geschenkt hat, errichtet. Die Baupläne wurden von den Architekten Aloys Kersting und Theodor Wenking aus Münster entworfen.

Es soll zunächst eine kleine Kirche als Teilkirche errichtet werden. Später soll sie bei wachsender Zahl der Gläubigen zu einer großen Kirche ausgebaut werden.

Was die Heilige Schrift zurecht sagt: "Wenn der Herr das Haus nicht baut, bauen die Bauleute vergebens", wollen wir innig zum allmächtigen  Gott beten, dass mit seiner Hilfe und durch den Beistand und Schutz der Heiligen Familie die Erbauer, Herr Aloys Kersting und Theodor Wenking, der Bauleiter H. Depenbock mit allen Arbeitern den angefangenen Bau glücklich weiterführen und vollenden zur größeren Ehre Gottes, zur Vertiefung und Stärkung des christlichen Glaubens und zum Heil aller, die diese Gotteshaus besuchen. Amen.

Dr. Lohmann, Pfarrer; Heinrichs, Kaplan; Dr. Küpper, Kaplan; Venker, Vikar.
Meistring, May, Kreienkamp, Bußmann, Umberg, Knipping, A. Kersting, Architekt; H. Depenbrock, Theodor Breukelmann, Frie, Al. Brüskus, Stratmann, Hülskemper Johann.


entnommen aus: Johannes Lanfermann: 100 Jahre Kirche Grafenwald, 1999


letzte Änderung: 18.02.2007 Impressum - Datenschutz