Karl Wessels: "Aus der Geschichte der Grafenmühle in Kirchhellen"

Karl Wessels.
Erlaubnis für den Grafen von Merveldt, seine Hovische Mahlmühle an den Voßsundern Wald zu verlegen.*)

Im Jahre 1740 bat Klemens August, Graf von Merveldt, den Landesherrn, Kurfürsten und Erzbischof von Köln, um die Genehmigung, eine seiner auf Haus Hove bei Bottrop gelegenen Mühlen nach dem Voßsundern verlegen zu dürfen. Der Kurfürst Klemens August forderte von dem Oberkellner Forkenbeck zu Horneburg näheren Bericht darüber,

ob in der Gegend, wo die neue Mühle erbaut werden soll, keine Uns zugehörige Mühle befindlich ist,

ob durch sothaner Erbauung keiner Unserer Mühlen eigene Mahlgäste entzogen werden könnten,

drittens auf welcher Mühle die in berührter Gegend wohnenden vestischen Untertanen dermalen ihr Gemahle hinbringen,

viertens auf welchem Grund und Boden das zur Treibung der neuen Mühle in Vorschlag habende Bächlein entspringt, wie breit und tief es beim loco intentionis sei, auch ob solches einen beständigen Lauf und Fluß habe,

fünftens genanntes Bächlein so wenig ober- als auch unterhalb dem Loco intentionis seine Uns zugehörige oder anderer aus Unserer gnädigsten Konzession des Wasserlaufs Recht habende Mühle berühre oder derselben zufließe,

sechstens ob in vermeldeter Gegend zur Beförderung Unseres Cameral Interesse eine neue Mühle mit Vorteil angelegt werden können,

siebtens ob auf keine Meile durch die suchende Transferierung der Mühle unserem Carmeral Interesse einiger Schaden zu wachsen könne. sonder dieselbe vielmehr dem gemeinen Besten und den Vestischen Untertanen nützlich und vorteilhaft sein, auch worin solcher Nutz und Vorteil bestehe."

In einem Schreiben an den Kurfürsten wiederholt Graf von Merveldt seine Bitte und erklärt, seit undenklichen Zeiten seien zwei Wassermühlen auf dem adligen Haus Hove gelegen; er besitze auch einen von der Abtei Werden lehnrührigen Wald Voßsundern. "Aus dem dabei liegenden Eßendischen Wald, zum Kurfürstlichen Territorium gehörend, entspringt das Bächlein, wohin eine der beiden Mühlen gelegt werden soll." Der Graf will die Verlegung auf Wunsch seiner leibeigenen Leute aus dem Wald Voßsundern und der Eingesessenen der Kirchspiele Kirchhellen, Gladbeck und Bottrop vollziehen. "Diese Leute bringen zur Sommerzeit ihr Korn nach der vor kurzen Jahren von Königlich Preußischen Seiten angelegten Wind- oder zur Klevischen, zwei bis drei Stunden von ihren Behausungen belegenen Wassermühle. Nach Aufwand vieler Kosten und bei Versäumung ihrer nötigen Arbeit müssen sie dort oft zwei oder drei Tage warten und größere Mahlsteuer als im Vest abgeben.

Die Versetzung der Mühle gereicht niemand zum Schaden, sondern Ew. Churfürstlich Vestischer Untertanen zum ausnehmenden Vorteil, denn

erstens liegt die Stadt Dorstensche Zwangsmühle von dem Voßsunderen bei drei Stunden,

zweitens will das Bächlein, woran die wechselnde Mühle zu setzen von seiner Mühle abläuft und auf keine Churfürstliche oder andere Vestische Mühle, sondern zwei Stunden von da auf die im Klevischen bei Hiesfeld belegene Mühle fließet, welche den Vorteil nach davon hat, daß nach Eröffnung der Sprünge ihr mehr Wasser zugefügt würde.

drittens sind in der Nachbarschaft keine Ritterschaftlichen und anderen Mühlen vorhanden, welche nicht über eine halbe Meile entlegen und die wenigste Zeit Wasser haben, darum die Vestischen Untertanen mit Zeitverlust ust Kosten ihr Korn auf die im Klevischen Land belegenen Mühle bringen müssen.

Gegen den Plan der Verlegung erhoben Einspruch: Generalleutnant von Wenge, Besitzer von Beck, Freiherr von Westerholt, Obristwachtmeister von Darll und Kircheller Markgenossen.

Es hat dann eine Besichtigung an Ort und Stelle stattgefunden. Aus dem Kirchspiel Kirchhellen waren erschienen: Boenschulte, Eilert, Langweg, Stratmann und Clüsener. Sie bezeugen, daß sie ihr Gemahl allezeit nach Oberhausen, ins Klevische oder zu einer hart an den Kölnischen Grenzen Klevischer seits vor vier oder fünf Jahren aufs neu erbauten Windmühle hinbringen müssen und jetzo im Brandenburgischen durchgehens das Multer wäre vergrößert worden.

Aus Gladbeck waren erschienen: Rummerscheidt, Rentfurt, Weling, Doveling, aus Bottrop: Wilde und Bennten.

In betreff des Grundes und Bodens wird festgestellt, daß jenes Bächlein zu halbscheid auf dem Fürstlich Eßendischen unter Kölnischer Botmäßigkeit gelegenen Walde und hinwiederum zur halbscherd aus dem Walde des Grafen von Merveldt seinen Ursprung habe. Wilhelm Sandfurt referiert, daß es tief ein Fuß und breit fünf Fuß sein, gleichwie es dann einen beständigen Lauf und Fluß hat, und solange das Bächlein im Kölnischen seinen Fluß hat, ist keine einzige Mühle darauf befindlich.

Der Ambtsunterfrohne Spickermann zu Bottrop ist zur Freifrau von Brembt auf Vondern bei Osterfeld geschickt worden, um ihr anzumelden, daß Graf Merveldt gesinnt wäre, eine seiner Hovischen Mühlen zu verlegen, und ob sie dagegen etwas einzuwenden hätte. Spickermann referiert, daß die Frau von Brembten nichts einzuwenden hätte.

Auch der Rentmeister Winkler von Haus Brabeck ist erschienen. Er konstatiert, daß die Verlegung dem Hause Brabeck vorteilhaft wäre.

 Nach der Information gibt Friedrich von Wenge zu den Akten, daß er gegen die Verlegung eines Mühlenganges nach dem sog. Voßes- oder Junkern Sunderen in der Meinung, solches seiner Beckschen Mühle nachteilig sei, Einspruch erhoben habe, davon aber jetzt Abstand nehme, weil die neue Mühle zwei Stunden entfernt gelegen sei und ihn nicht benachteilige. Das Schreiben datiert: Münster, den 1. Mai 1753.

Die Genehmigung zur Verlegung wird am 11. Mai 1756 gegeben. Graf von Merveldt muß jährlich zwei Reichstaler und 48 Stüber an die Oberkellnerei Horneburg zahlen.

 

') Das urkundliche und handschriftliche Material befindet sich im Vestischen Archiv zu Recklinghausen.


Der Artikel von Karl Wessels erschien 1928 in den Gladbecker Blättern, Seite 38/39


letzte Änderung: 21.05.2009 Impressum - Datenschutz