Als man hierzulande noch keinen Kalender hatte Am Rande des Essendischen Waldes, dort, wo der Ebersbach in den Mühlenteich geht, lag die Kluse. Ihre Leute führten ein Leben voller Arbeit und Kampf. Die rodeten den Wald. Wehrten Wildschweinen und Wölfen. Umzäumten den Garten mit "Brom un Wächeln", damit die Emscherbrücher Wildpferde keinen Schaden anrichten konnten. So vergingen Tage, Wochen und Monde. Bis im Jahre 1723 der Postillon des Fürstbischofs von Köln mit hellem Trara - Ich bin da! eine neue Zeit ankündigte. Die an die Kluse horchten auf, ließen Axt und Spaten ruhn, um zu schauen. Trara! rief es schon wieder vom Kieswege her. Klüseners wagten sich näher heran. bis an die Wallhecke. Die jungen Heister ließen den Blick frei. Der Postwagen war gut zu sehen. "Wir kommen vom Rhein", stampften die Pferde. "Wollen nach Münster", kreischten die Räder. Und "Hilfe, Hilfe", blies das Posthorn. Klüseners stiegen über das Schleit. Der Wagen hielt an. Der Postillon schwenkte den silberumschnürten Hut. Neigte sich vornüber und fragte nach dem nächsten Wagenbauer. "In Dossen", gab der Klusenvater zur Antwort und ging vorsichtig zurück. Die Jungens folgten. Und der Wagen bewegte sich weiter den Kiesberg hinan. Nach ab selbigen Tage hielt man in der Kluse Familienrat miteinander. Und immer wieder bemerkten die Jüngsten: "Et lohnt sich, et lohnt sick, wi helpt." Sie ließen nicht locker. Der Klusenvater gab nach. Mit einem "Guod Nacht" stimmte er dem Plane zu, nach welchem von jetzt an in der Kluse Wagen und Karren und Räder gemacht werden sollen. Schon in den nächsten Tagen - der Postwagen von Münster lässt noch auch sich warten - zog ein zünftiger Wagenbauer in der Kluse ein. Das Wagenbauen und Rädermachen begann. Die Klusenleute packten mit an. Die Arbeit lohnte sich. Nicht weit von der Kluse zwischen Torem und Schwarzen Bach, war eine Rast- und Haltestelle der fürstbischöflichen Post. Im tiefen Schwarzbachgrund, in der Mühlenfurt, lockerten sich die Nägel, brachen Räder und Achsen. Um so fleißiger arbeitete man in der Werkstatt an der Kluse. Abend für Abend wurde ein neues Rad behutsam zu Seite gestellt. Waren ihrer sechse fertig, dann war das Wochenwerk getan, dann kam der Sonntag. Man putzte die Kluse und rüstete sich für den Kirchgang. So gingen denn Klüseners an einem Sonntagmorgen ihren gewohnten Weg nach Kirchhellen, um ihrer sonntäglichen Pflicht zu genügen. Sie gingen allein und blieben allein. Merkwürdig. Kein Kirchgänger gesellte sich zu ihnen. Die Glocken blieben stumm. "Warum?" so fragten sich die Klusenleute. Im ersten Wirtshaus sprachen sie an, fragten hin und her, so ganz verwundert. Der Wirt wunderte sich nicht weniger, schüttelte den Kopf und sprach: "Jit hät ink vedoen, jit hät ink veschlopen. We hät vandage all Mondag." Was war geschehen? In einer dunklen und stürmischen Nacht der letzten Woche hatte man den Klusenleuten, ohne dass sie es merkten, ein Rad gestohlen. Sie arbeiteten also bis zum siebenten Rad und bis auf den siebenten Tag und kamen erst am Montag zur Kirche. |
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