Karl Wessels: "Das Zisterzienserinnen-Kloster Rivulus St. Mariae zu Deffte in Grafenwald bei Kirchhellen."

A. Regesten.
1. Der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden gestattet der Aebtissin Regenwidis in Dussere bei Duisburg auf dem Allodium bei Defhe, Diözese Köln, das ihr Konrad von Richlinghusen übertragen hat, ein Kloster, welches nach einem kleinen Bach "Rivulus beatae Mariae virginis" benannt wird, zu errichten und in ihm Schwestern ihres Ordens, d.h. Zisterzienserinnen, unterzubringen, und nimmt das neugegründete Kloster in seinen Schutz.
Köln 1240

Original im Staats-Arch. Düsseldorf, Kloster Sterkrade Nr. 1; gedr. / Lacomblet, Urkundenbuch f.d. Gesch. des Niederrheins, Bd. 11,251.

2. Am Tage des hl. Jakobus des Apostels, 1241, Juli 25, verkaufen Konrad genannt von Hillen und seine Gemahlin Adelheid ein Grundstück in Deffte dem Kloster ebendort für 110 Mark.

Stadt-Arch. Köln. Sterkrade in Gelenii Farr. XV 2, 667 b.

. . . . . . . .
6. Hermann von Hillen, Theoderich, Albert, Heinrich und Petrus, seine Brüder, verzichten auf die Güter in Deffte, die ihr Vater besessen hatte, zugunsten des daselbst erbauten Zisterzienserinnenklosters, das jetzt aber in dem Sterkrothe genannten Orte ist, und heben die Belästigungen auf, die sie den Herrinnen des Klosters zugefügt hatten.
Recklinghausen, 1264, Nov. 19.

Gedr. im Westf. Urkundenbuch, Bd. VII Nr. 1166.

B. Bemerkungen.

Das Kloster Düssern bei Duisburg, dessen Aebtissin die Niederlassung in Deffte gründete, unterstand der Leitung des Abtes von Kamp. In der Chronik Kamp ( Rheinberg), gedr. bei Podlech. Die wichtigeren Stifte, Abteien und Klöster in der alten Erzdiözese Köln, Breslau, Bd. III, S.19, heißt es: "Im Jahre 1237 waren (in Düssern) der Schwestern bereits 25, und drei Jahre später (also 1240) gedachte die Aebtissin Regenwidis auf einem ihr geschenkten Gute eine Filiale zu gründen, wozu sie auch die Genehmigung des Erzbischofs von Hochstaden erhielt. Ihre Nachfolgerin, Mathilde von Holte, führte dann 1248 den Plan aus. Man konnte 12 Schwestern abgeben für das neue Kloster, welches den Namen rivulus b. Marie oder Marienbach erhielt."

In der Schrift "25 Jahre Kapuzinerkloster in Sterkrade", Sterkrade 1927, lesen wir S. 5". "Wichtig für das kirchliche und wirtschaftliche Leben in Sterkrade war die Gründung des Zisterzienserklosters im Jahre 1240, Regenwidis, vorher Aebtissin des Klosters Düssern bei Duisburg, gründete es auf ihrem Allode Defte, Kirchspiel Kirchhellen, dem Kirchlein Grafenwald gegenüber ."

Nach der Chronik Kamp wäre das Kloster also im Jahre 1248 zu Deffte errichtet worden. - 1248 ist auch das Jahr der Grundsteinlegung zum Kölner Dom. Konrad von Hochstaden lebt in der Geschichte als Freund und Gönner des Zisterzienserordens dort. - 1255 erhielt unser Kloster als ansehnliche Schenkung das Patronat der Kirche in Sterkrade, eine Mühlenstätte und einen Fischteich. Diese Schenkung hatte wahrscheinlich die Verlegung zu Folge. 1264 wird das Kloster urkundlich (s. Urk. Nr. 6) in Sterkrade erwähnt. Man kann also sagen, daß es sicher sieben Jahre, vielleicht auch etwas länger, zu Deffte in der heutigen Pfarrei Grafenwald bestanden hat.

Ein wichtiger Zeuge dafür, daß jenes Kloster in Grafenwald bestanden hat, ist die mündliche Überlieferung. Noch heute spricht man hier vom Zensen-Kloster oder vom Kloster Zens. Sehr wahrscheinlich ist Zens der volkstümliche Ausdruck für Zisterzienser. Diese Form ist sogar in einem Falle an die Stel!e des Familien- und Flurnamens Deffte getreten, und zwar bei den Abkömmlingen, die heute unter dem Namen Sensen in Königshardt wohnen.

Über den Namen Rivulus s. Marie ist nicht viel zu sagen. In Grafenwald wird das Bächlein, das heute noch von Defften Feld bzw. Holtforths Wiese nach Osten fließt, gemeint sein. In Sterkrade, wohin das Kloster verlegt wurde, haben wir heute noch die Marienbecke. Der Name ist wahrscheinlich vom Kloster, das der hl. Marie geweiht war, auf den Bach übergegangen.

Die ursprüngliche Lage der Ordensniederlassung in Grafenwald kann nicht mit Sicherheit angegeben werden. Ob Ausgrabungen nähere Einzelheiten an den Tag bringen können, ist eine Frage. Doch soll man keine Möglichkeit, Aufklärung zu schaffen, unversucht lassen.

Der Artikel von Karl Wessels erschien 1928 in der Vestischen Zeitschrift. Er wurde noch einmal abgedruckt im Heft 5 ("Alles über Grafenwald") der Schriftenreihe des Vereins für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen.


letzte Änderung: 21.05.2009 Impressum - Datenschutz