Karl Wessels, Nachruf von Rektor Möller

Karl Wessel kam 1912 als Lehrer nach Grafenwald. 1914 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Er starb 1930 bei einem Motorradunfall in der "Todeskurve". Am Tag zuvor hatte er im Unterricht noch vor dieser Stelle gewarnt. Rektor Hubert Möller schrieb in seinem Nachruf:

Als am Morgen des 10. November 1930 die kaum glaubliche Kunde von dem tragischen Tode des Lehrers Karl Wessels (Kirchhellen) das Vest Recklinghausen durcheilte, der am Abend des 9. November einem Sturz mit dem Motorrad zum Opfer gefallen war, da war tiefe und aufrichtige Trauer in den Herzen der Vielen, die ihm nahe gestanden hatten, herzliches Mitgefühl mit der so schwer heimgesuchten Gattin und seinen beiden Kindern.

Man könnte fast glauben, der Verstorbene hätte seinen Tod geahnt. Vor der "Todeskurve", durch die jahrelang sein Schulweg führte und in der das Unglück sich ereignete, hat er immer gewarnt. Am Tage vor dem Unglück hat er im Beichtunterricht die Folgen der schweren und leichten Sünden verglichen mit den Folgen eines schweren und leichten Sturzes mit dem Motorrad. In der folgenden Heimatkundestunde hat er daran anschließend die "Todeskurve" an die Tafel gezeichnet und über ihre Gefährlichkeit ausführlich gesprochen. Seine Kolleginnen und Kollegen fanden die Tafel am Tage nach dem Unglück mit der Zeichnung vor und haben sie im Bilde festgehalten. Ein überaus trauriger Zusammenhang! -

Mit Karl Wessels hat unsere Heimat einen glühenden Verehrer, die Heimatbewegung einen idealen Förderer und eine nie ermüdende Arbeitskraft verloren. Der großen vestischen Kalendergemeinde stand er besonders nahe. Bei der Herausgabe des ersten Jahrgangs 1923 hat er mit Pate gestanden. In seinem Gedicht "Heimat" hat er den hohen Wert der Heimatliebe besungen und die Aufgabe des Vestischen Kalenders klar gekennzeichnet. Seitdem ist kaum ein Jahrgang erschienen, der ihn nicht zu seinem Mitarbeiter gezählt hätte und als Mitglied des Kalenderausschusses hat er an der Ausgestaltung dieses Heimatbuches stets kräftigen Anteil genommen. Was er uns sonst über Heimatliebe, Heimatschönheit, Heimaterhaltung zu sagen hatte, das hat er in ungezählten Aufsätzen und Artikeln in der Tagespresse getan.

Sein Hauptarbeitsfeld in den letzten Jahren waren Naturschutz- und Naturdenkmalpflege. Die Kreisstelle und die Bezirksstelle für NaturdenkmaIpflege wissen, welche Kraft sie an Karl Wessels verloren haben, und das Arbeitsamt für Naturdenkmalpflege in Kirchhellen wird nie wieder einen solchen Kommissar bekommen. Er war ganz westfälischer Eigenart, ein stiller aber zäher Arbeiter, der eine Aufgabe klar erkannte, unbeirrt auf das gesteckte Ziel hinsteuerte und sich durch keine Schwierigkeiten ablenken ließ. Das hat er bewiesen in seiner Arbeit für den Kletterpoth, der durch sein Eintreten bei allen maßgebenden Stellen als Naturschutzgebiet erklärt wurde. Dem Gau 21 der deutschen Aquarien- und Terrarienvereine hat er die Wege geebnet, dass er in der Kirchhellener Heide ein Lönsdenkmal errichten konnte. Neben dem notwendigen Idealismus besaß er aber auch umfassende Kenntnisse über die botanischen, zoologischen und geologischen Verhältnisse unserer Heimat.

Die Sammlung aller Flurnamen im Kreis Recklinghausen - auch ein wichtiges Werk der Heimatpflege - unterstand seiner Obhut.

Für das Westfälische Provinzial-Wörterbuch war er ein hochgeschätzter Mitarbeiter.

All diesen idealen Arbeiten hat ein unglücklicher Sturz mit dem Motorrad ein Ziel gesetzt. Gesund war er aus dem Weltkriege heimgekehrt, wo er sich als tapferer Kompanie-Führer einer Maschinengewehr-Kompanie das E.K. 2. und 1. Klasse erworben hatte. Unter den größten Schwierigkeiten hatte er sich in Grafenwald sein eigenes Heim, sein Haus "Achter Böm un Busch", geschaffen. Dort war er glücklich, aber

"Män enen es', de günnt me nech
min Glück an'n Wieschenrand,
det es de Dod . . . de grippt no me
met sine kolle Hand."

Nun deckt ihn die Heimaterde!  Ein Heidefindling ziert sein Grab und wird kommenden Generationen sagen, dass der, welcher unter ihm ruht, die Heide seine Heimat geliebt und geschützt hat. Seine vielen Freunde und Bekannten werden auch ohne dieses äußere Mal den seltenen Menschen Karl Wessels nicht vergessen, denn sie habe ihn gerne gehabt.

Rektor Möller, Kirchhellen

Der Nachruf von Hubert Möller zum Tode von Karl Wessels erschien 1932 im Vestischen Kalender (Seite 35/36). Er wurde noch einmal gekürzt abgedruckt im Heft 5 ("Alles über Grafenwald") der Schriftenreihe des Vereins für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen und weiter gekürzt in Heft "Zum 'Hundertzehnten Geburtstag' von Lehrer Karl Wessels" des Initiativkreises Heimatkunde Grafenwald


letzte Änderung: 21.05.2009 Impressum - Datenschutz