Dieser Artikel von Karl Wessels erschien 1925 im Vestischen Volkskalender auf Seite 73.
Naturschutzgedanken Von Karl Wessels, Kirchhellen Die Naturschutzbestimmungen für den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk haben jetzt den Besitzern das unumschränkte Verfügungsrecht über ihren Wald genommen. Der Eigentümer kann in seinem Wald nicht mehr nach Belieben schalten und walten. Er darf seinen Baumbestand nicht ohne weiteres abholzen. Siedlungsverband und Gemeinden wetteifern nun miteinander, um Erholungsstätten für die Bevölkerung bereitzustellen. Leider wird die gemeinnützige Tätigkeit nur zu oft mit Undank vergolten. Ja, manche Wanderer zeigen mehr Verständnis für Naturzerstörung, als für Naturerhaltung. Hier muss die Mitarbeit aller Einsichtigen einsetzen. Die Jugend ist rechtzeitig mit dem Naturschutzgedanken vertraut zu machen. Das kindliche Gemüt ist an und für sich voll von Begeisterung für die Natur. Elternhaus und Schule, Jugendverbände und Gewerkschaften müssen sich der bedrohten Natur annehmen, wenn nicht alle Aufbauarbeit des Siedlungsverbandes und der Gemeinden hinfällig werden soll. Über den erzieherischen Wert des Naturschutzes schrieb sich vor kurzem in der Pädagogischen Post u. a. folgendes: Vorfrühling ist's. Vom düsteren Waldrand winkt uns die Salweide zu. Wir kommen näher und sehen neben dem unberührt im lichten Sonnenschein glänzenden einen geplünderten Strauch in zerrissenen Kleid weinend stehen. Welch ein Gegensatz! Welch ein Leid! Im Angesicht des boshaften Waldfrevels ahnen die Kinder den Wert des Naturschutzes. - In früherer Zeit hatte das Volkslied: "Ein Sträußchen am Hute, den Stab in der Hand" seine volle Berechtigung im wahren Sinne des Wortes. Heute wandert das Jungvolk ohne Stecken. Es geht auch so. Und das Kränzelein von blauen Blümelein im Blondhaar unserer Mädchen ist nicht mehr. Schade drum! Die Kinder verzichten auf den Schmuck und lassen die wenigen Blumen am Wege auch für andere blühen. - Im Maienmond sind wir wieder im Wald. Wir lauschen dem Konzert der lieblichen Waldvögelein und sprechen im Weitergehen über Vogelschutz. Die Knaben zeigen Verständnis dafür wohl darum, weil sie glücklich sind, den Frühlingsreiz der Natur aus erster Hand zu empfangen. Sie erzählen mir ganz entrüstet von dem bösen Vogelfänger, der in der hiesigen Gegend auch aus den Tageszeitungen bekannt ist. Mit Vorliebe obliegt er auf stillen Friedhöfen seinem grausamen Geschäft. Ein Knabe beschäftigt sich weiter mit dem Gedanken des Vogelschutzes und gibt im nächsten Aufsatzunterricht folgende Arbeit ab: Gr., den 28. Mai 1923. Sehr geehrter Herr Kalendermann! Einen schönen Heimatgruß Ein Lehrer aus der Kolonie wandert mit seiner Schar über Land, durch Feld und Wald. Sie kommen an das Gehöft eines Kleinbauern. Der Bauer, misstrauisch ist er nun einmal, sieht die Schar kommen und versperrt noch rechtzeitig des Weg mit Schleitern. Nach einem freundlichen Morgengruß des Lehrers lässt er sich doch mit ihm in ein Gespräch ein und wird zutraulicher, da ihm der "Stehkragenproletarier" sogar in heimischer Mundart unterhalten kann. Der Bauer hört gern Neuigkeiten. Das weiß der Lehrer und er erzählt ihm, dass die Polizei in der Stadt das Verkaufen von Weidensträußen und Tannengrün, von Wucher- und Kornblumen kontrolliere. Der Bauer schmunzelt und meint: "Es' det Naturschutz?" Er zögert un nicht mehr länger und macht den Weg frei, führt die Kinder an den Hofhund vorbei und zeigt mit nicht geringem Stolz die alte Linde, die im Baumschutzverzeichnis eingetragen ist und als besonderes Kennzeichen ein unscheinbares Schild mit der Aufschrift "Naturdenkmal" trägt. Der Lehrer erzählt seinen Kindern von der mittelalterlichen Feme. Sein aufmerksamster Zuhörer ist der Bauer. Dann bedanken sich Lehrer und Kinder für die freundliche Aufnahme und weiter geht's in den Wald hinein. Dort treffen sie den Förster. Er kommt wie gerufen. Sein Amtsvorgänger ließ vor Jahren einem die Wegezeichen des S. G. V. von den Bäumen entfernen. Nicht mit Unrecht, denn die Wanderflegel, ich wollte sagen Wandervögel, machten ihm manchen Kummer und Verdruss. Heute sollen die Kinder den Förster als den berufenen Hüter des Waldes kennen lernen. Seinem Schutz sind die Bäume und Sträucher anvertraut und für alles, was da kreucht und fleucht, hat er ein wachsames Auge. Der Förster benutzt die willkommene Gelegenheit und hält den Kinder eine gediegene Musterlektion über Waldschutz. Zum Schluss hat er nur noch eine Bitte: "Haltet die vorgeschriebenen Wege inne, lagert am Wegrande und nicht in den Schonungen, nehmt euer Butterbrotpapier mit nach Hause oder buddelt es unter die Erde." Des Försters Abschiedsgruß klingt freundlich, denn auch er gönnt den Kinder der Straße Erholung im Walde. Der Förster hat den Lehrer im Interesse des Naturschutzes gebeten, eine Unsitte bei jeder Gelegenheit ganz besonders zu bekämpfen. Er meinte das Feuermachen und das Abkochen im Walde oder in der Nähe des Waldes. In der Tat, das Abkochen ist hier im Bezirk eine große Gefahr für den Wald geworden. Leider hat die Unsitte selbst unter den Schulkindern weiter Verbreitung gefunden. Eltern und Erzieher müssen scharf bremsen. Beherzigen wir Karl Wagenfelds Spruch: |
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