Presseartikel: Bauerngeschlecht Deffte

In der Niederrheinischen Volkszeitung erschien am 4. Juli 1937 folgende Berichte:


Sippentag Sensen zu Deffte

Am 4.7.1937 in Kirchhellen.

Als erste der Bauernfamilien, die einst zum Kloster Sterkrade gehörten, feiert die Familie Sensen zu Deffte am 4. Juli 1937 einen Sippentag.

Das Fest beginnt mit einem Festhochamt in den beiden Pfarrkirchen Kirchhellens. Um 11 Uhr tritt die Familie zur Totenehrung am Gefallenenmal der Gemeinde Kirchhellen an. Um 1,30 Uhr sammeln sich alle auf dem alten Defftehofe und wandern dann zum Defften-Kreuz, das in der Nähe des alten Postweges steht. Dann geht es geschlossen zur Festversammlung bei Schulte-Wieschen in Kirchhellen.

Aus Anlass dieses Sippentages übermitteln wir unseren Lesern als besondere Seite einen interessanten Einblick in Teile der Geschichte dieses Geschlechts.


Mit einem Bauerngeschlecht durch sieben Jahrhunderte

Ursprung der Cisterzienserabtei in Kirchhellen - Das Pachtverhältnis mit dem Kloster - Bauern als Richter und Freigrafen des Vestes

E. L. Der Kampf der nationalsozialistischen Bewegung geht in erster Linie um die Erhaltung und Stärkung deutscher Art im deutschen Bauerntum. Noch nie in den letzten Jahrhunderten deutscher Geschichte hat der Bauer seinen Anspruch auf Pflege bäuerlicher Überlieferung so stolz vortragen zu können wie heute. Dabei steht vor allem der Gedanke der Reinerhaltung der Blutes gerade beim Bauern im Vordergrund. Es ist der leitende Grundsatz für den nationalsozialistischen Staat, er ist ein altgermanisches Erbteil. Das ist früher freilich öfters behauptet als bewiesen worden. Daher heute auch die Forderung über den Nachweis der arischen Abstammung bis zu gewissen Graden. Mander mag mit der Forschung über seine Vorfahren aus irgendwelchen Gründen seine Mühe haben. Dass wir aber auch in unserer Gegend heute noch Familien sitzen haben, die ihre Familienherkunft lange Jahrhunderte zurück verfolgen können, beweist die Geschichte eines Bauerngeschlechtes, das heute noch in Kirchhellen und in Sterkrade ansässig ist. Aus Anlass des Familientages der Familie Sensen u. Deffte in Kirchhellen sei hier einmal einiges aus der Geschichte dieser Familie erzählt, das im weiteren einen manch interessanten Einblick in die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse früherer Zeit gestattet.

Jahrhundertelang auf einem Hof

Der Deffte-Hof in Kirchhellen-Holthausen und die Familie Sensen zu Deffte.

Der unweit der Kirche von Grafenwald gelegene Deffte- oder Sensenhof ist einer der ältesten Höfe in dieser Gegend. Jahrhunderte lang saß auf ihm das Bauerngeschlecht tho Deffte oder Sensen genannt. In einer Urkunde aus dem Jahre 1240, die sich im Staatsarchiv zu Düsseldorf befindet, wird der Hof bereits erwähnt. Der Kölner Erzbischof, Konradus von Hochstade, gestattet darin Reginwid auf ihrem Allod (Eigengut) ber Defth ein Cistercienserinnenkloster zu gründen. Dieses Kloster wurde 40 Jahre später nach Sterkrade verlegt. Der Name Sensenhof soll die volkstümliche Abkürzung von Cistercienserhof sein. Das Lagerbuch von Xanten, das 1350 angelegt wurde, erwähnt der Hof mehrmals als Curtis (Oberhof) de Deffte. Um 1500 sind Träger des Namens Deffte als Beamte im Veste tätig. So ist ein Peter von Deffte 1500 bis 1520 Kellner, das heißt Vorsteher der kurfürstlichen Verwaltung des Vestes. Johann von Defft, 1551-1569 ist Richter und Freigraf des Freistuhls zu Recklinghausen.

Die Gewinnbücher der Abtei Sterkrade, zu der der Deffte-Hof gehörte, nennen von 1569 jedes der Mitglieder der Familie, die den Hof angetreten haben. Solche Urkunden, Gewinnbriefe, sind hier weiter unten abgedruckt. Der älteste Gewinnbrief datiert von 1569, der letzte von 1694. Die weiteren Inhaber des Hofes finden wir in den Kirchenbüchern von Kirchhellen. Der erste von diesen ist Jan-Dirk tho Deffte. Die Äbtissin von Sterkrade - Elbertina von Streithorst war Taufpatin seines ältesten Sohnes. Sein 1734 geborener Sohn Christopherus übernahm den Hof und hatte 2 Söhne. Der älteste, Heinrich, blieb auf dem Hofe und ist Stammvater der Kirchhellener Linie, der jüngere Sohn Werner gründete 1800 den jetzigen Erbhof Sensen auf der Pfälzerstraße in Sterkrade. ER ist der Stammvater der Sterkrader Linie, die sich von einer Ausnahme abgesehen, alle Sensen nennen. Heinrich erlebte die Aufhebung der Abtei Sterkrade. Einer seiner Söhne, Bernhard, heiratete in das Nachbargut Heimath ein, auf dem noch heute sein Urenkel Wilhelm Gr.-Holtforth sitzt. Der Deffte-Hof ging dagegen nach langen Wegeprozessen der Familie verloren und wurde 1800 von der Familie Wischermann aus Sterkrade gekauft. Heinrich Deffte, der heute neben dem Defften-Kreuz ein Anwesen besitzt, wurde noch auf dem Hofe geboren.

Die Geschlechterfolge der Bauern auf dem Deffte-Hof ist folgende:
1569 bis 1588 Berndt tho Defte und Anna
1588 bis 1632 Jürgen Haseke und Hilken Deffte
1632 bis 1657 Claes tho Deffte und Lela Niermann
1657 bis 1694 Claes Sensen Heimath tho Deffte und Enneken Deffte
1694 bis 1725 Johann Sensen zu Deffte und Enken Fryen
1725 bis 1755 Jan Dirk tho Deffte und Sibylla Hilp
1755 bis 1793 Christopherus tho Deffte und Angela Stemmer
1793 bis 1811 Heinrich Deffte und Gertrudis Giese
1811 bis 1855 Werner Deffte und Elisab. Pie???
1855 bis 1880 Bernh. Theodor Deffte und Maria Catharina Friedhof

Staatlich gehörte der Deffte-Hof zum Veste Recklinghausen, dessen Landesherr bis 1803 Erzbischof und Kurfürst von Köln war. Laut Lagerbuch des Vestes aus dem Jahr 1650 entrichtete der Hof an den Staat folgende Abgaben: 6 doppelte Blaumüser und einen halben, in die Kelnerei, 1/2 Scheffel Hafer, 1/2 Rader Albus. An Dienstgeld 1 Goldgate, für Maidienste 3 Rader Albus, 1 Richterhuhn und das 3. Jahr 1 Fuder Richterholz.

Das zuständige Gericht war Dorsten. 1815 ging das Vest auf Preußen über. Der Preußische Staat legte auf den Hof eine Grundschuld - Kanon genannt - die etwa das Dreizigfache der jährlichen Abgaben, die bis dahin an die Abtei Sterkrade gezahlt werden mussten, ausmachte. Deffte war somit ein freier Bauer geworden.

Der Ursprung der Abtei Sterkrade

Eine Urkunde aus dem Jahre 1240

Die Urkunde, in der Konradus von Hochstaden Reginvid gestattet, auf dem Defften-Hofe ein Kloster zu gründen (Staatsarchiv Düsseldorf Rep. Sterkrade Nr. 1) ist im Bilde wiedergegeben. Sie ist in lateinischer Sprache abgefasst. Die Übersetzung lautet:

Konrad, durch Gottes Gnade der hl. Kölner Kirche Diener, Erzkanzler von Italien, entbietet der in Christus geliebten Reginvidis, ehemals Äbtissin in Düssern, Gruß im Herrn. Du hast uns gebeten demütig und fromm, dass es Dir erlaubt sei, auf dem Allod bei Deffth in der Kölner Diecöse, das Dir Konrad von Recklinghausen übertegen hat, ein Kloster mit unserer Einwilligung zu bauen und in ihm Schwestern Deines Orden, nämlich des Cistercienser Ordens, unterzubringen. Wir natürlich geben Deinen rechten Bitten, da sie Vernunft und Verstand nicht widersprechen, gern unsere Zustimmung. Wir nehmen Dich mit den Sachen und Personen Deiner Schwestern, die Du an dem genannten Orte unterbringen willst, in unseren Schutz. Das genannte Allod, so wie es Konread recht und richtig übertragen hat, bestätigen wir gemäß unserer Autorität und sichern wir durch den Schutz dieses Schreibens. Gar keinem Menschen ist es erlaubt, dieses von uns bestätigte Schriftstück zu zerreißen oder zu wagen, es verwegen anzufechten. Wenn es dennoch einer wagen würde, soll er wissen, dass er sich unsere Ungnade zugezogen und uns schwer beleidigt hat.

Gegeben zu Köln im Jahre des Herrn 1240.

Dies ist die Gründungsurkunde der Abtei Sterkrade. sie ist die älteste Urkunde, in der der Defftenhof erwähnt wird. Das Kloster wurde 40 Jahre später von Kirchhellen nach Sterkrade verlegt.

Die Deffte-Gewinnbriefe

Interessante Dokumente aus alter Zeit.

Der Deffte-Hof, seit alters her im Besitze der Familie Sensen zu Deffte, gehörte also zur Abtei Sterkrade. Wenn einer aus der Familie den Hof von seinen Eltern übernahm, musste er und seine Frau "eine Hand an dem Gute gewinnen". Hierfür hatte er an das Kloster eine einmalige Abgabe zum "Gewinn" zu entrichten. Diese Abgabe betrug das Doppelte der jährlichen Pacht. Nach Zahlung des Gewinngeldes, an der sich auch die Schwiegereltern beteiligten, wurde der Gewinnbrief ausgehändigt.

Diese Gewinnbriefe sind noch enthalten und befinden sich im Staatsarchiv Düsseldorf. In dem ältesten Brief aus 1569 musste Berndt zu Defft 41 Taler zahlen. 1694 musste Johann Sensen zu Deffte 130 Thaler zahlen. Um 1700 hatte der Taler einen Wert von 15 bis 20 Mark. Ein fettes Schwein kostete damals 7 Taler. Außer dem Gewinn musste der Erbpächter für die Urkunde noch eine Gebühr "Gerechtigkeit" genannt entrichten. Diese teilten sich Rentmeister, Äbtissin, Nonnen und Pfarrer. In den Gewinnbriefen werden die jährlichen Abgaben und sonstig Pflichten des Pächters festgelegt.

Der Gewinnbrief aus dem Jahre 1569.

Staatsarchiv Düsseldorf Rep. Sterkrade. Gewinnbuch No. 56 Vol. I 32, 23a, 33

"Anno 69 am 13. Juny hebben Berndt tho Defft und Anna sin Husfrawe von der itzigen Abbyssen der Werdigen, Ehr- und Doigentrichen Jusser Anna Drosten und de semptlichen Capitals Jussern tho Stakerende gewunne malik eyne Handt oyrer beder leyven lank an den Hoff tho Deffte in Kerspell van Kerkhellen geleigen. Sollen blyven by ihrer alden pacht. Uthgescheden daht fy all jars up Mithsumer od veerthin dage dar nah ohn länger vertoch in dem schirkompftigen seventigsten Jahr ver den irsten Termin geve und all jars by Ihr alde Pacht bethalen solle eynen guiden vetten Haymell. Und sollen geven tho verwinninge der beyden Hande Neigenundetwintich Daler offer dey werde, dee sall Annens Moider verschaffen bethallt tho werden inwendig acht dagen thidtz nesthkompstigen Midthsommer, ock sall Annens Moider vor dey Capitular Iussern und Ihrer Gerechtigkeit bethalan 2 Daler up den selvige vorbenompte thidt facit summa ninundetwintich Daler bey Annens Moider thot d Verwynge geve sall. Dat thot sall Berndt bethalen ver sin handt und des Rhentmesters gerechtigkeit in alß Twelf Daler. Dee thine my w. Frowe und twee der Rhentmester hebben sall, und iß Berndt bescheidinge gegeve sine twelf Daler tho bethalen thegen schirkompftigen Mithsommer in anne seventich und alsdann soll Berndt breiff ende Segell van dem Rentmester geleiverd werde. Darinne vorbehalten und asdruicklich angezicht sall werden, Dath Berndt dat guidt betthere sall mith potthen und allerhand underhalldungen: wy eynen getruwen Hußmann geboirth. Oyck sall hey gine verk. koipen thot sinen verken mannhey selver Vrken hefft, eß wehr dan dath Berndt an sinen Swinen stherff und Schaden gehadt hedde daß sins selbst nicht mehr als 12 wären und vor gehuit Verk. mith sinen selbst Swinen nicht bedriven konnte. mach ney so vill verken gewinnen und ankopen dar mith hey sin recht selver bedrive. Jedoch daß my. w. F. und Closter all jars wan eykelen sin vir Schuilt Swie veraff weth, und man gine eykelen sin maiger veruthnehmen sollen. Ock sall der Husmann nah umgbank der Irsten twe iaren gine pfremde schaipe erhalden, ... dey hey by sich selbst ertrocken. Oyck ... Demnach ist ok verdragen daß der ...thot notdurft sines brandts gin pfrucht ... holt, dann alleyne deren thellgen und weickholt ... an der Erden sall hey ungewesen nicht afhawen.

Hur sin by unde ane gewessen Joachim tho Holthusen und Hohann ten Hage. Actum anno et die up supra."

Die Ordensfrau wird Iuffer genannt. Malik heißt jeder. offer oder. Berndt soll 41 Taler in bar oder den Werth zum Teil in Naturalien entrichten. Berndt unterhielt eine Schweineherde "Gehuit Verk.", die im Eichenwald von Eicheln gemästet wurde. Wenn die Zahl seiner Scheine durch "Sterff" unter 12 sank wurde die Haltung zu teuer. Daher durfte er dann Schweine hinzukaufen. Zu seinem Brandt durfte Berndt nur minderwertiges Holz schlagen. M. w. F. heißt, meine würde Frau (Äbtissin).

Es ist leider nicht möglich, im Rahmen dieser Schilderungen alle vorhandenen Gewinnbriefe wiederzugeben.

Erwähnt sei nur, dass 1632 Claes zu Deffte und Lela Niermann das Gut gewann und das Kloster Rücksicht nahm auf die wirtschaftliche Not, die eine Folge des Dreißigjährigen Krieges war, und die rückständigen Abgaben (restanten) nachließ.

Dem interessierten Leser sei das Studium des Gewinnbriefes von 1694 empfohlen, den wir als Faksimile wiedergeben. Besonders erwähnenswert sind die Unterschriften, darunter das Kreuz eines Schreibunkundigen. Neben der Äbtissin haben Johann tho Deffte und Jan Freyen, sein Schwiegervater, diese Urkunde unterzeichnet.

So gewinnen unsere Leser einen wertvollen Einblick in die Geschichte eines alten Bauerngeschlechtes. Der Geist, der die Glieder dieses Geschlechtes bewegte, findet keine andere bessere Kennzeichnung als in der heute noch vorhandenen Inschrift auf dem Torbogen des Defte-Hofes:

Links:
"Gelobt sei Jesus Christus in alle Ewigkeit. Ich habe dieses Haus gemacht. Da kompt ein Spitzer Mensch der es veracht. Wehres Du Loser Man ehr gekommen, so hette ich Rath mit Dir genommen."

Rechts:
"Gott bewahre dieses Haus und alle, Die dar gehen ein und aus Für Schaden und für großen Brand darzu das ganze Vaterland. Johann Hendrich Tho Deffte und Gertrudis Giese Anno 1797"


Der Artikel enthält einige sachliche Fehler:

 


letzte Änderung: 01.11.2011 Impressum - Datenschutz