Von Friedhelm Wessel
Trotz der Nähe des Ortes zum Ruhrgebiet erreichte der Bergbau Kirchhellen offiziell erst vor 50 Jahren. In der beschaulichen und noch überwiegend agrarisch geprägten Gemeinde lebten zu dieser Zeit zwar schon etliche Bergarbeiter, die auf den zahlreichen Pütts in Bottrop, Gladbeck, Gelsenkirchen oder Oberhausen tätig waren, doch galten nur die Grafenwälder als Besonderheit - schon lange waren sie halb Bauer, halb Bergmann.
Ab März 1957 änderte sich das grundlegend. Der Aufsichtsrat der Rheinischen Stahlwerke AG, der die Bergwerke Prosper-Haniel gehörten, beschloss den Kauf des Grubenfeldes Nordlicht Nord. 18 Monate später begannen an der Grafenwälder Fernewaldstraße die Abteufarbeiten für den Schacht 9 (Prosper 4) - auch "Nordlicht" genannt. Zwar hatte es im Raum Grafenwald, wie auch im Bereich des Pötterings, bereits im Vorfeld etliche Teufversuche gegeben, doch entschied man sich schließlich für das Niederbringen eines Luftschachtes an der Grenze zu Alt-Bottrop. Die erste Kohle aus dem neu erschlossenen Grubenfeld wurde bereits im Mai 1960 aus Flöz 10 gefördert.
Auch Übertage zogen sich die Arbeiten lange hin, so bestand die Kaue lange Zeit nur aus einer Baracke. Das Abbaufeld und das Gesamtbergwerk wurden währenddessen immer größer. 1965 kam die Schachtanlage Jacobi Osterfeld hinzu, schloss aber bereits neun Jahre später wieder - und zwar für immer. Die Prosper-Zechen förderten in diesen Jahren etwa 3,5 Millionen Tonnen Kohlen pro Jahr. Doch der inzwischen in Ruhrkohle AG umbenannte Bergbaukonzern hatte weitere Pläne. Als man 1975 das Bergwerk Schacht 10 am Alten Postweg konzipierte, hatte der Bergbau Kirchhellen endgültig erreicht. Im Dezember 1976 stießen der damalige Oberbürgermeister Ernst Wilczok und Bergwerksdirektor Hanns Ketteler ihre Spaten symbolisch in die Erde. Am Rande der Kirchheller Heide konnte der Schacht mit seinen auf rund 400 Millionen Tonnen geschätzten Kohlenvorräten fünf Jahre später in Betrieb gehen. Täglich fahren dort heute mehrere Tausend Bergleute ein, um ihre zwischen Kirchhellen-Mitte, Grafenwald und dem Verkehrslandeplatz Schwarze Heide liegenden Betriebspunkte zu erreichen. Die Tagesförderung liegt bei etwa 15.000 Tonnen.
Mittlerweile konzentrieren sich die Materialförderung und die Seilfahrten am letzten in der Stadt geteuften Schacht am Rande der Kirchheller Heide. Die Kaue wurde erweitert, der Pkw-Parkplatz vergrößert, ein neues Verwaltungsgebäude errichtet. Im Juli 1981 wurden die beiden Schachtanlagen Prosper-Haniel und Prosper 4 offiziell miteinander verbunden. Auf der sechsten Sohle, etwa tausend Meter unterhalb der Schneiderstraße, strömten damals rund 1.200 Kubikmeter Frischluft in das Grubenfeld. Zur Auffahrung der neuen Hauptstrecke war eine leistungsstarke Vortriebsmaschine eingesetzt worden. die im März 1981 mit rund 307 Metern einen neuen Monatsrekord aufstellte. Auf dem Verbundbergwerk Prosper-Haniel mit dem Abbauschwerpunkt unter Kirchhellen sind heute noch rund 3.500 Bergleute tätig.
Der Text und die Fotos wurden mit Genehmigung des Autors Friedhelm Wessel aus seinem Buch "Geschichten aus Kirchhellen" entnommen.
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