In diese Zeit der intensiven Bemühungen um die Finanzierung sowohl der Baukosten
als auch des Gehalts des ersten Rektors, fielen auch die Auseinandersetzungen um
die Gründung der selbstständigen Pfarrgemeinde Heilige Familie. Der
entscheidende Schritt erfolgte im Jahr 1910, Damals gab das Bischöfliche
Generalvikariat in Münster dem Kirchenvorstand Kirchhellen auf, für ihre
Rektoratsgemeinde Grafenwald einen eigenen Haushaltsplan für das Haushaltsjahr
1910 aufzustellen. Bislang waren die Jahresrechnungen von Grafenwald nur geprüft
und für richtig befunden worden. Bei dieser Haushaltsaufstellung kam der
Kirchenvorstand zu dem Entschluss, die Abpfarrung vorzubereiten. Wenn möglich,
sollte dies noch im laufenden Jahr, spätestens aber im Jahre 1911 geschehen. Den
Rest Bauschuld von 12.000 Mark aus den Jahren 1898/99 und den Kapitaldienst
wollte die Pfarrgemeinde Kirchhellen übernehmen. Daneben sollte eine Abfindung
von 25.000 Mark unter der Voraussetzung gegeben werden, dass die Kaplaneistelle
von Rektor Dr. Sunder wieder der Pfarrkirche Kirchhellen zugewiesen werde. Der
von Herrn May geschenkte Grundbesitz und die beiden Gebäude, Kirche und Pastorat
samt Inventar, sollte der Gemeinde Grafenwald übertragen werden. Die
Grenze
zwischen Mutterpfarre und dem künftigen Pfarrbezirk sollte dieselbe sein, die
bei der Bildung des Rektoratsbezirkes Grafenwald bestimmt worden war. Kleinere
Korrekturen des Grenzverlaufes gab es im Bereich Burenbrauk,
Schnepfenweg/Hohe-Heide-Weg). Die betroffenen Bewohner wollten weiter der
Mutterpfarre Kirchhellen angehören. Nach amtlichen Unterlagen zählten 1.142
Personen zu der künftigen Pfarre.
Auch die Zielsetzung von Dr. Sunder, sein Pfarr-Rektorat zu einer Pfarre zu
erheben, wurde wegen des Ersten Weltkrieges verschoben. Nach Kriegsende wurde
die Abpfarrung von beiden Seiten wieder aufgenommen und durchgeführt. Mit Datum:
20. Januar 1919 übersandte der Bischof Johannes Poggenburg (1913-1933) die
Urkunde über die Errichtung der Pfarre.
Nach langjährigen Auseinandersetzungen hatten unsere Vorfahren 1919 endlich das
Ziel erreicht. Unter vielen Opfern und großem Engagement hatten sie den Bau
einer eigenen Kapelle, die Anstellung eines eigenen Ortsgeistlichen und die
Bildung eines eigenen Seelsorgbezirkes aus dem großen Gebiet des Pfarrbezirks
Kirchhellen angestrebt und verwirklicht. Aus der schwierigen Situation in der
Seelsorge hatte zuerst der Pfarrer von Kirchhellen, Bernhard Hermes (1869-1890)
und danach Kaplan Dahlmann die Anstöße gegeben.
Im Rückblick bleibt festzustellen, dass die Mitglieder des Baukomitees, Johann
Umberg, Franz May, Werner Knipping, Johann Bußmann und Johann Kreienkamp unter
Leitung Kaplan Heinrichs und später Kaplan Dr. Küpper auf sich allein gestellt
wären, wenn sie nicht große Unterstützung in der Grafenwälder Bevölkerung
gefunden hätten. Schließlich waren sicher alle von großer Freude erfüllt, als
ihre Mühen von Erfolg gekrönt wurden.
Mit der Pfarrwerdung nach 13 Jahren Rektorat und insgesamt 20 Jahren eigener
Kirche begann ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Gemeinde. Sie erlebte
die Anfänge ihrer Selbstständigkeit in einer sehr schweren Zeit. Nach dem
verlorenen Ersten Weltkrieg wurden die Wirren und Unsichersicherheiten durch die
sich anbahnende Inflation größer.
entnommen aus: Johannes Lanfermann: 100 Jahre Kirche Grafenwald, 1999
zur Startseite | letzte Änderung: 25.11.2006 | Impressum - Datenschutz |