1832, 1. Juli: Die Post verlässt den Alten Postweg

Einige hundert Jahre nutzte die Post den "Alten Postweg". Über den Zustand dieses Weges gibt die Chronik des Kirchspiels Kirchhellens Auskunft: Bürgermeister Wilhelm Tourneau beschreibt 8 Straßen:

1.
Weg von Dorsten auf Starckrath. Länge 2620 Ruthen.
Führt durch Eckel, Hardinghausen, Holthausen. Zustand: Schlecht, bei sandigem mitunter sumpfigem Boden. Bemerkung: Diese Straße führt beinahe auf ihrer ganzen Länge im Kirchspiele Kirchhellen durch die Heide hinter den gedachten Bauerschaften und wird daher nur von wenigen Eingesessenen selbst benutzt und nur für die Post dient sie beinahe ausschließlich. Sie hat demnach für das Kirchspiel fast gar keinen Werth und dennoch ist dasselbe zur Unterhaltung gezwungen wofür eine Wegegeld von durchschnittlich 26 Rthlr. bezieht. Es ist verschiedentlich geben, die Post über die Straße ad 2 zu führen. Bisher vergeblich.

"Starchrath" ist das heutige "Sterkrade".
1 R. = 3,76 m. Die Straße ist demnach 10776 m lang.
In dieser Beschreibung befindet sich bereits der Hinweis, dass die Post eine andere Straße benutzen, sollte: die zweite Straße dieser Liste, die heutige Bottroper Straße (L 623):

2.
Von Dorsten auf Bottrop, auf Oberhausen. Landstraße. Länge: 2910 Ruthen, Führt durch Eckel, Hardinghausen, Overhagen, Holthausen. Zustand: Sandweg, aber immer brauchbar. Diese Straße bedarf das ganze Kirchspiel zur Verbindung mit Ruhr und Rhein und ist daher für dasselbe von höchster Wichtigkeit. Man unterhält solche um so williger, als man den eigenen Vortheil nicht verkannt und man nicht bezweifelt, daß sie einst Poststraße und chaussiert wird. So führt fast überall durch kultivierte Gegend, während jene ad 1 in der öden Heide nur selten ein Haus berührt, solche Häuser aber bis jetzt dem Reisenden außer Brod und Brandwein gar nichts gewähren.

Nach der Beschreibung von 6 weiteren Straßen gibt es in den Jahren 1830 bis 1833 weitere Hinweise in dieser Chronik:

1830
Im Laufe des Jahres wurden die Strecken 2 - 8 nothdürftig im Reihendienst unterhalten. Auf vielfältige Beschwerden der Postbehörden mußten häufig an der Straße nach Starkrath gearbeitet werden; es veranlaßte dies zahlreiche und begründete Beschwerden, solche hatten aber nur den Erfolg, daß von Staatswegen ausnahmsweise und nur als Unterstützung eine neue Brücke auf dieser Straße über den Klüseners Bach gebaut wurde. Die übrigen Beschwerden aber keine Beachtung fanden.

1831
Anlaß einer Anzeige der Postbehörde, daß die Straße auf Starkrath nicht mit Seitengräben versehen und nicht mit Bäumen bepfanzt sei, wurde  ein oder anderes von der Gemeinde verlangt. Hiergegen aber wurde lebhaft remonstriert und die Verlegung der Postroute über die andere Straße wiederholt beantragt.
Es hatte dies zur Folge, daß das General Postamt sich endlich damit einverstanden erklärte und nur eine bessere Instandsetzung der letzteren verlangte. Es wurde dieses sofort im Laufe des Sommers veranlaßt und bei dieser Gelegenheit im Kirchheller Feld die Wegebreite auf 21 Fuß ohne Gräben festgestellt und durch Einsenken von Steinen in der Mitte künftigen Verengungen vorgebeugt.

1832
Mit 1. July wurde die alte Poststraße verlassen und jene über Kirchhellen in Benutzung genommen. Mit der Instandsetzung wurde nunmehr desto eifriger fortgefahren.

1833
Fortsetzung der Arbeiten an der Poststraße bei nothdürftiger Unterhaltung der Nebenwege.
Von Staatswegen wurden die Kosten für Instandsetzung einiger Brücken bestritten.
Eine technische Aufnahme des Postweges behuf dessen chaußeemäßiger künftiger Instandsetzung fand statt.

Soweit die Chronik des Kirchspiels Kirchhellen von Bürgermeister Wilhelm Tourneau. Dieser Chronik ist nicht zu entnehmen, wie die Poststraße weiter durch Bottrop führte. Die Straße - in Grafenwald die heutige Bottroper Straße - wird als Straße "von Dorsten auf Bottrop, auf Oberhausen" bezeichnet. Hinter der Grenze Grafenwalds - am heutigen Forsthaus Specht - gabelt sich die Straße. Eine Strecke führt nach Bottrop, die andere über Sterkrade nach Oberhausen. Welchen Weg nahm nun die Post? Die Antwort lautet: beide.

Bürgermeister Tourneau war nicht nur Bürgermeister von Kirchhellen, sondern auch in Personalunion Bürgermeister von Bottrop und Osterfeld. In dieser Eigenschaft wandte er sich an die vorgesetzte Behörde und bat darum, die Postverbindung von Münster nach Düsseldorf über Kirchhellen, den Altmarkt in Bottrop und Osterfeld zu leiten. Die neue Streckenführung wurde von der Regierung in Münster genehmigt. Voraussetzung war, dass in Bottrop Verbesserungen an den Wegen vorgenommen wurden. Dies geschah im Juni 1832 und ab 1. Juli 1932 fuhren die Postwagen von Dorsten über Kirchhellen und die heutige Kirchhellener Straße nach Bottrop.

Mit dieser Streckenführung war man in Sterkrade und bei der dort ansässigen Eisenhütte nicht einverstanden. Man schaffte es, dass nach wenigen Tagen wieder die alte Strecke über den "Alten Postweg" von den Postwagen benutzt wurde. Nach Instandsetzung der heutigen Dorstener Straße führte die Strecke von Dorsten über Kirchhellen und die Dorstener Straße Sterkrade.

Das ganze kann man nachlesen in der von Wilhelm Fleitmann verfassten "Die Postgeschichte von Bottrop und Kirchhellen". Fleitmann bezieht sich dabei auf einen Artikel "Postalisches aus Bottrops Vergangenheit" von R. Schetter im Vestischen Kalender 1965.


letzte Änderung: 17.03.2007 Impressum - Datenschutz