Hier schließt der Bericht von Pfarrer Franke. Ich, Willi Grafe, Rektor a. D.,
setze die Chronik fort.
Dienstag, 27.03.1945, ist das ganze Gebiet der Pfarrgemeinde Grafenwald von den
amerikanischen Soldaten belegt. Irgendwelchen Widerstand hat die
Zivilbevölkerung nicht geleistet. Wenn sich auch die fremden Truppen nicht
willkommen heißen konnte, so war sie doch froh, von der Diktatur Hitlers frei zu
sein. Sie vertraute vor allem auf das durch das Radio offiziell und feierlich
gegebene Wort des Oberkommandanten General Eisenhower, dass das Eigentum vollen
Schutz genießen würde, die Personenrechte gewahrt bleiben sollten und, dass er
bereit wäre, alles zu tun, wodurch die Ernährung sicher gestellt werden sollte.
Schon am Mittwochabend (28.03.), sind unter den Augen der amerikanischen Truppen
2 Geschäfte von russischen und polnischen Zivilisten ausgeplündert worden. Seit
der Zeit hörten die Plünderungen der Bauernhöfe und das Eindringen in die
Wohnungen nicht mehr auf. Schmuck, Uhren, Radios und Wertgegenstände wurden fast
aus allen Wohnungen gestohlen.
Das amerikanische Militär ist um Hilfe angegangen. Der Pfarrer Franke sprach
persönlich bei der Besatzungsbehörde vor. Aber die Amerikaner gingen nicht gegen
die Plünderer vor. Sie duldeten die Plünderung. Sie zuckten die Achsel mit dem
Hinweis auf das Vorgehen der Nazis, der Deutschen, in Feindesland. Dieser
Vorwurf kann die hiesige Bevölkerung nicht treffen. Sie war bis 1933 die
Hochburg des Zentrums. Die Wähler dieser Partei haben bis zum letzten gegen
Hitler gekämpft. Auch nach 1933 gaben sie den Widerstand nicht auf. Freilich
haben sie nicht mit der Waffe in der Hand gekämpft. Das wäre auch zwecklos
gewesen, weil sie im Reich nur eine Minderheit waren. Das hat aber die Entente
(Einvernehmen, Einverständnis, Staatenbündnis) nicht getan, als Hitler gegen
Recht und Vertrag das linke Rheinland besetzte, trotzdem sie dazu imstande war,
und besser als wir wussten, was gespielt wurde. Wie haben, mit wenigen Ausnahmen
den Eintritt in den Krieg nicht gebilligt. Die ausländischen Kriegsgefangenen
wurde in dieser Gegend menschenwürdig behandelt. Man gab ihnen Essen, Trinken
und Kleidung. Die bei den Bauern beschäftigten Gefangenen aßen sogar am
Familientisch und wurden wie eigene Kinder behandelt, obwohl sich die Gastgeber
für diese humane Behandlung nach dem Gesetz strafbar machten und Gefängnis oder
KZ (Konzentrationslager) zu erwarten hatten.
Wochenlang dauerte nach dem Kriege die Plünderung durch russische und polnische
Banden an. Manchmal tarnten sie sich in amerikanischer Uniform. Bei einem
Raubüberfall auf den Hof Klüserner (an der Grafenmühle / inzwischen abgebrochen)
wurde der Bauer erschossen. Ein Radfahrer, der nicht sofort sein Rad abgeben
wollte, wurde niedergemacht. Selbst der Bürgermeister Schulze Oechtering - in
Kirchhellen - musste zusehen, wie ihm vor dem Amtshaus ein neues Fahrrad
gestohlen wurde.
Beim Durchmarsch der Truppen fielen leider auch Grafenwälder: Thesing Johann,
Hasebrink Josef, Lemm Bernhard, Dieckmann Johannes.
Bei den Kämpfen in unserer Gemeinde fielen über 100 deutsche Soldaten und
mehrere Zivilisten. Tochter Rosing und Tochter Basten sind bei einem
Bombenangriff umgekommen.
Nach dem Durchmarsch bot Grafenwald ein Bild des Grauens und der Verwirrung. Die
Straßen waren von den Panzern tief zerfurcht und von Minen und Granaten
aufgerissen. Fast alle Telefon- und Stromleitungen lagen am Boden. Die
Wasserleitungen waren zerstört. Auf den Dächern fehlten die Ziegel und in den
Fenstern das Glas.
Am meisten aber quälte der Hunger.
Als Bürgermeister Albert Schulze-Oechtering die trostlose Lage sah, rief er aus:
"Wir sind um 100 Jahre in Kultur und Zivilisation zurückgeworfen."
In der Not beteten die Leute wieder mehr als sonst um Gottes Hilfe. Der
Gottesdienst wurde gut besucht.
Schon 3 Wochen nach dem Zusammenbruch konnten die Kinder zur 1. hl. Kommunion
gehen. Damit die Kinder nicht leiblich hungern brauchten, stiftete ein Müller
aus Grafenwald 5 Pfund Mehl für jedes Kommunionkind.
Die Schule blieb ein halbes Jahr geschlossen. Nach dem Krieg war allen
Lehrkräften der Unterricht untersagt. Bis dahin aber gaben die Lehrer Willi
Grafe und Frau Schnitzler heimlich Unterricht in der Sakristei in der Kirche. 12
Stunden wöchentlich.
Im Juni 1946 erhielt die Pfarrgemeinde wieder einen neuen Kaplan, den Steyler
Pater Wilhelm Wemmer, der - nach einem halben Jahr - im Oktober durch den Pater
August Vorgert abgelöst wurde.
Allen Gläubigen waren froh, dass sich die kirchlichen und zivilen Verhältnisse
allmählich wieder normalisierten.
Es hätte schlimmer kommen können.
Im Oktober 1945 veranstaltete die Pfarrgemeinde eine Dankwoche mit täglichem
Gottesdienst und täglichen Predigten. Fast alle Bewohner der Pfarre nahmen daran
teil. Zum Abschluss war am Christkönigsfest Generalkommunion. Abends zog zum
ersten Mal ein stattlicher Fackelzug um die Kirche. Die Teilnehmer gelobten,
jedes Jahr am Christkönigsfest, in gleicher Weise einen Fackelzug zu halten.
Für die Aushilfe bei festlichen Anlässen konnte jetzt der Pfarrer neben den
Kapuzinerpatres aus Sterkrade, auch die Redemptoristen aus Kirchhellen
heranziehen. Diese (letztgenannten) Ordensgeistlichen haben sich 1945 ein
Kloster in Kirchhellen, in der Villa Körner (heute an der Hauptstraße in
Kirchhellen) eingerichtet.
Durch die Zuweisung von 100 Flüchtlingen und Vertriebenen nach Grafenwald
wurde der Aufgabenkreis der Kirchengemeinde in Grafenwald immer größer. Allein
25 Flüchtlingskinder mussten eingeschult werden. Die Heimatvertriebenen fanden
liebevolle Aufnahme bei den Einheimischen. Der Pfarrer musste für einige Monate
sich wohnlich einschränken und eine Witwe mit 3 Kindern im Pfarrhaus
beherbergen.
Im September 1945
wurde die Schule in Grafenwald wieder eröffnet. Sämtliche Lehrkräfte durften,
weil sie politisch nicht belastet waren, wieder Unterricht geben.
1.10.1945
Nach 10-jähriger Verbannung konnte heute zum ersten Mal wieder ein Geistlicher
in die Schule kommen. Aus diesem Anlass war die Schule geschmückt. Gedichte,
Lieder und Ansprachen umrahmten die Feier. Der Pfarrer Franke und auch die
Kinder waren zu dem feierlichen Augenblick so tief ergriffen, dass die
Freudentränen reichlich flossen.
25.12.1946
Als Weihnachtsgeschenk erhielt die Kirche eine elektrische Turmuhr. So stammt
von der Firma Vortmann in Recklinghausen. Uhr und Uhrwerk haben ein Gewicht von
15 Doppelzentnern. Sie kostet 6 - 7 Tausend DM. Das Geld wird durch Kollekte
aufgebracht. Jetzt weiß man in Grafenwald, was die Uhr geschlagen hat. Doch die
Freude währte nicht lange. Sie war zu einer "Nachtuhr" geworden. Häufig blieb
sie nachts stehen und musste immer wieder durch einen Laien in Gang gebracht
werden. 1964, nach 18 Jahren fällt das Uhrgewicht nachts um 4 Uhr mit
donnerartigem Gepolter durch das Gewölbe, durch die Orgelbühne bis in den
Kirchenflur, dass von dem Schlag die Nachbarn erwachten. Die Instandsetzung der
Uhr wurde bis zum Neubau der Kirche verschoben.
10.05.1947
Heute spendet der Hochwürden Herr Weihbischof Heinrich Roleff - 1936-1966 - 200
Kindern der Schule Grafenwald die hl. Firmung. Der Bischof wird von Reitern und
Radfahrern abgeholt. Beim feierlichen Empfang vor dem Kirchplatz trägt ein
Schulkind ein Gedicht vor. Die Lehrkräfte übernahmen die Firmpatenschaft. Nach
der Feier gewährte der Bischof dem Lehrerkollegium eine Audienz. Dabei
behandelte der hohe Herr die geschichtliche Entwicklung der Schule, angefangen
von der Klosterschule bis zur Staatsschule. Die Ausführungen waren mit einem
urwüchsigen Humor durchwürzt.
Schneller als man erwartet hatte, begann nach dem verlorenen Krieg der
Wiederaufbau des Landes. Die Reichsmark wurde entwertet und durch die Deutsche
Mark ersetzt. Jeder Deutsche erhielt für den Anfang eine Kopfquote von 20 bzw.
40 Deutsche Mark = DM. Der Wohlstand wuchs, und schon bald sprach man von dem
deutschen Wirtschaftswunder. Während 2/3 der Menschheit hungerten, hatten wir
mehr als satt zu essen. Die Kirche rief deshalb zu Spenden für den Hunger in der
Welt auf. Die erste Sammlung war am 23.03.1959. Sie erbrachte in Grafenwald
9.065 DM. Das sind 300,00 DM mehr als in der großen Pfarrgemeinde Kirchhellen.
Die Sammlung fand einen guten Zuspruch, so dass von jetzt ab jedes Jahr in der
Fastenzeit für die Hungrigen gespendet wurde. Das Ergebnis in Grafenwald
schwankte immer zwischen 6.000 und 9.000 DM.
Zu dem Mangel an Brot in der Welt gesellte sich noch der Mangel an Priestern und
Missionaren. Abermals rief die Kirche zu Spenden auf für die Priesterausbildung
in Lateinamerika. Die Sammlung, die erstmals im Advent abgehalten wurde, erhielt
den Namen "ADVENIAT-KOLLEKTE". Sie wurde zu einer Dauereinrichtung. Die
Ergebnisse waren in Grafenwald ungefähr die gleichen wie bei den
Hungerkollekten.
Von Oktober 1946 - 28.12.1948
wirkte Pater Vorgerd in Grafenwald. Er war sehr eifrig in der Kirche und in den
Vereinen. Er sammelte zuerst die katholischen Männer im katholischen
Arbeitsverein. Der Präses sagte sich, wenn ich erst die Väter gewonnen habe,
dann bekomme ich von selbst die Jugend. Alle Vereine, die durch das Hitlerregim
(während der Nazizeit) aufgelöst waren, begannten von neuenem ihre segensreiche
Tätigkeit. Der Präses stellte sein ganzes Wirken unter dem Schutz des Hlst.
Herzen Jesu.
Dann führte er auch die "Heilige Stunde" wieder ein. Bei seinen Hausbesuchen
weihte er die Familien dem Hlst. Herzen Jesu. Von der unermüdlichen Arbeit des
Paters ging ein großer Segen für die ganze Gemeinde aus. Darum bedauerten alle
Pfarrkinder, dass er im Dezember 1948 Grafenwald verlassen musste. Sie freuten
sich aber, dass er die ehrenvolle Berufung als Missionar nach Brasilien erhalten
hatte.
Der Abschied von dem geliebten Selektierten fiel allen schwer. In den letzten
zwei Jahren hatte das religiöse Leben durch den Pater in Grafenwald einen
sichtbaren Aufschwung genommen. Der Arbeiterverein und die Jungmänner-Sodalität,
deren Präses der Scheidende war, erstanden zu neuem Leben. Aus Dankbarkeit
sammelte der Arbeiterverein Geld für ein Abschiedsgeschenk. Die Entlassungsfeier
fand bei Buschler statt. Der Saal war brechend voll. Hauptlehrer Grafe
überreichte im Namen der Pfarrgemeinde dem Pater ein Schreiben, 450,00 DM, einen
Photoapparat im Werte von 200,00 DM.
Oktober 1949:
Vor 50 Jahren wurde die Kirche in Grafenwald geweiht. Das war Grund genug,
das Goldene Jubiläum feierlich zu begehen. Für eine äußere Feier langten die
Mittel nicht. Die wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Kriege waren noch zu
schlecht. Dafür war die Beteiligung an der inneren kirchlichen Feier einer
großen Volksmission um so besser. Drei Patres aus dem Klemenskloster hielten
täglich vier Predigten: um 6, 8, 16 und 20 Uhr. 90 % der Bevölkerung machte mit.
Für die Schulkinder waren an drei Tagen Predigten. Außerdem hielten die Patres
jeden Morgen in der Schulmesse eine kurze Kinderlehre.
Zur Erinnerung an die Volksmission wurde auf dem Kirchplatz ein Missionskreuz
errichtet. Ein Fackelzug beschloss die gnadenvollen Tage.
Oktober 1949
Aus Heeresbestand erwarb die Pfarrgemeinde eine große Holzbaracke. Sie wurde
später umgebaut zu einem massiven Pfarrheim. Alle Arbeiten wurden durch
Eigenhilfe der Grafenwälder ausgeführt. Das Pfarrheim kann von allen
katholischen Vereinen benutzt werden. Auch die Schule macht davon Gebrauch. Die
evangelische Kirchengemeinde feiert darin sogar ihren Gottesdienst.
Großer Segen ist in all den Jahren vom Pfarrheim ausgegangen. Täglich ist das
Heim besetzt. Dei Jugendlichen halten dort ihre Heimabende und die Erwachsenen
ihre Sitzungen ab. Wenn die Schule oder die Vereine hier Theater spielen, ist
der Saal viel zu klein. Die Aufführungen müssen wiederholt werden. Das Pfarrheim
macht sich bezahlt. Darum können auch schon bald die alten Bänke durch Stühle
und die Glasfenster durch bleiverglaste Fenster ersetzt werden.
Das Pfarrheim ist ein kleines Schmuckkästchen geworden. Für die Jugend ist ein
Filmapparat und ein Tonbandgerät angeschafft. Durch diese Anschaffungen wurden
die unkontrollierten Kinovorstellungen im Saale Buschler verdrängt.
Oktober 1949
Vor 50 Jahren wurde die Kirche Grafenwald geweiht. Das war Grund genug, das
Goldene Jubiläum feierlich zu begehen. Für eine äußere Feier langten die Mittel
nicht, waren die wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Kriege noch zu schlecht.
Dafür war die Beteiligung an der inneren kirchlichen Feier einer großen
Volksmission um so besser. Drei Patres aus dem Redemptoristenkloster in
Kirchhellen hielten täglich 4 Predigten: um 6, 8, 16 und 20 Uhr. 90% der
Bewohner Grafenwalds machten mit. Für die Schulkinder waren an drei Tagen
Predigten. Außerdem hielten die Patres jeden Morgen in der Schulmesse eine kurze
Kinderlehre. Zur Erinnerung an die Volksmission wurde auf dem Kirchplatz ein
neues Missionskreuz errichtet. Ein großer Fackelzug beschloss die gnadenvollen
Tage.
1950
wurde mit der Bebauung "Wachtmeisterskamp" (ursprünglich Frankenhügel weil
Pastor Franke die Bebauungsmöglichkeit an dieser Stelle vom Kauf der Grundstücke
bis zur möglichen Bebauung in die Hand genommen hat).
Ostern 1950
Zum Goldenen Kirchenjubiläum stifteten die Grafenwälder einem neuen Altaraufbau
aus handgeschmiedetem Kupfer und Messing von einem Bottroper Kunsthandwerker:
Josef Hessling. Die Rohstoffe stammten aus restlichem Kriegsmaterial wie
Granathülsen und Kartuschen.
30.01.1952
Neuer Heizungsofen für die Kirche "Kronos Nr. 7" wurde angeschafft von der Firma
Junker, Dortmund. Wert 3.545,00 DM.
15.05.1952
Wieder spendet der Hochwürdige Herr Weihbischof Roleff in Grafenwald die hl.
Firmung.
08.07.1952
Der Hochwürdige Herr Bischof Michael Keller aus Münster visitiert für eine
Stunde - unangemeldet - die Pfarrgemeinde. Exellenz hält in der Kirche eine
Ansprache an alle Schulkinder und begrüßt die Lehrpersonen durch Handschlag.
Nach einer weiteren Stunde reist er wieder ab.
1955 - 1957
Die Kirche erhält neue Fenster, von den kirchlichen Vereinen gestiftet.
18.03.1957
Der Hochwürdige Herr Weihbischof Baaken spendet 125 Kindern die hl. Firmung. Zum
ersten Mal hat jedes Kind einen besonderen Paten aus der Verwandtschaft oder
Bekanntschaft.
22.03.1959
Die Sammlung für den Hunger in der Welt erbrachte 9.365,00 DM. 300,00 DM mehr
als in Kirchhellen.
Die Jugend besuchte die Katholikentage:
1959 in Berlin
in Hannover - Eucharistischen Kongress
1960 in München
Jugendtag in Stuttgart
Adveniat
Zu dem Mangel an Brot in der Welt gesellte sich noch der Mangel an Priestern und
Missionaren. Abermals rief die Kirche zu Spenden auf für die Priesterausbildung
in Lateinamerika. Die Sammlung, die erstmalig im Advent abgehalten wurde,
erhielt den Namen "ADVENIAT-KOLLEKTE". Sie wurde zu einer Dauereinrichtung. Die
Ergebnisse waren in Grafenwald ungefähr die gleichen wie bei den
"HUNGERKOLLEKTEN".
Die 1. Sammlung für den Neubau einer Kirche begann in 1956. Die Gemeinde war
in 19 Sammelbezirke eingeteilt. 1962 besucht Pfarrer alle Familien und wirbt um
eine Spende. Die meisten versprachen einen Monatslohn.
Evangelische Mitchristen in der Pfarrgemeinde:
Das Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten war in Kirchhellen und
Grafenwald immer gut. Etwa 25 evangelische Kinder besuchten die katholische
Schule in Grafenwald. Sie hatten einen gesonderten Religionsunterricht, der von
Lehrern aus den Nachbarorten und später von dem evangelischen Pfarrer erteilt
wurde.
Am 16.09.1959 konnte die erste evangelische Kalle in der Schule Holthausen
eröffnet werden. Die evangelischen Kinder von Grafenwald blieben aber noch hier.
Am 13.05.1962 wurde die evangelische Paulus-Kirche in Kirchhellen eingeweiht. Am
01.10.1967 wurde die evangelische 4-klassige Matthias-Claudius-Schule in
Kirchhellen in Betrieb genommen. Die evangelischen Kinder verließen die Schule
Grafenwald und wurden täglich mit Bussen nach Kirchhellen zur Schule gebracht.
16.09.1962
Weihbischof Tenhumberg spendet 50 Kindern die hl. Firmung.
Die Erstkommunionfeier in Grafenwald
Die Erstkommunionfeier fand gewöhnlich am Weißen Sonntag, mal früher mal
später, je nach Lage der Osterferien, statt. Die Kinder gingen am Ende des 4.,
später am Ende des 3. Schuljahres zur Erstkommunion. Durch einen besonderen
Unterricht, der von einem Geistlichen gegeben wurde, bereiteten sich die Kinder
auf den Tag vor. 4 Wochen vor der Feier kamen die Mütter der Kinder zusammen und
besprachen die Kleiderfrage, ob blau oder weiße Kleider, lange oder kurze
Strümpfe getragen werden sollten.
Am Festtag versammelten sich die Kinder um 6.45 Uhr in der schule zum
Morgengebet. Dann wurden die Kommunionkinder vom Pfarrer, dem Kirchenchor und
den Fahnenträgern mit den kirchlichen Fahnen, Wimpelträgern und Engelchen
feierlich abgeholt. Besondere Kerzenengel begleiteten die Kinder zum Tisch des
Herrn. Die Eltern kamen hinterher. Nach dem Gottesdienst gab es für die Kinder
im Saale Buschler Kaffee und Kuchen. Danach besuchten sie die 2. hl. Messe (das
Hochamt) und am Nachmittag die Andacht. Die Kinder waren nur kurze Zeit im
Familienkreis. Darum wurde der gemeinsame Kaffeetisch (am Morgen nach der
Frühmesse) bei Buschler/Söller abgeschafft. Die Eltern wollten an dem Tage sich
mehr den Kindern widmen.
Seit Weißen Sonntag 1951 wurde die Feier der Erstkommunion in anderer Weise
gehalten. Die Eltern mit den Kommunionkindern gesammelten sich um 7.00 Uhr im
Pfarrheim zum gemeinsamen Morgengebet.
Vater und Mutter nahmen das Kind nach der feierlichen Abholung und auch in der
Kirche zwischen sich. Sie gingen gemeinsam zur Kommunion. Auch in der Andacht am
Nachmittag nahmen alle Teilnehmer in der selben Ordnung wieder die Plätze in den
Kirchenbänken ein. Da fehlte kein Elternpaar mehr in der Andacht, oder es wäre
durch die entstehende Lücke sehr aufgefallen. Die Kinder gaben einen
ansehnlichen Teil ihrer Geldgeschenke für die Mission ab. Der Pfarrer teilte
Bilder oder Medaillen aus. Am nächsten Tag gingen die Kinder wieder zur
Kommunion und hatten dann schulfrei.
Diese Art der Feier der Erstkommunion wurde etwa 8 Jahre lang beibehalten.
Der Wohlstand führte dazu, dass die außerkirchliche Feier größere Formen
annahmen und die Kinder von der Hauptsache abgelenkt wurden. Daher erließ der
Bischof im April 1961 Richtlinien für die Einführung der Frühkommunion. Damit
entfiel generell der "Erstkommunionstag" am Weißensonntag. Der Pfarrer und die
Lehrpersonen setzten sich tatkräftig dafür ein. die hiesige Lehrerin Lammerding
lud die Kinder des 1. Schuljahres mit ihren Müttern oder auch Vätern ein, in die
Schule zu kommen und sie gab gab den ersten Unterricht. Die Unterweisung
erstreckte sich über etwa 10 Zusammenkünfte. Zusätzlich gab der Pfarrer an 2 bis
3 Nachmittagen den Eltern Belehrungen über Frühkommunion. Nach der nötigen
Vorbereitung konnten dann die Eltern mit ihrem Kommunionkind an einem beliebigen
Sonntag oder Werktag zur Frühkommunion gehen. Damit hörte die gemeinsame
Erstkommunion an einem Sonntag auf. Die (gemeinsame) weltliche Feier flaute auf
ein bescheidenes Maß ab. Kinder und Eltern konnten sich ganz der Hauptsache
widmen. Es wurde zwar Lange gegen die Neuerung protestiert. Aber allgemein
erkannten die meisten den Segen, der von der Frühkommunion ausging. Die Zahl der
häufigen Kommunion der Kinder und auch der Eltern stieg um ein gewaltiges Maß.
Sternsinger
Am 6.01.1963 wurde auf Anregung von der Lehrerin Frau Lammerding in Grafenwald
der alte Brauch des Sternsingens eingeführt. Die Schulkinder bastelten Kostüme,
Sterne und Schatzkästchen. Unter Führung der Lehrpersonen zogen mehrere Gruppen
bei Wind und Wetter von Haus zu Haus, sangen und sammelten für wohltätige Zwecke
(Leprakranke, Missionsschulen und Missionsausrüstungen).
Die erste Sammlung erbrachte 865,00 DM. Die Ergebnisse steigerten sich. Im Jahre
1968 erreichten sie eine Höhe von 1.467,50 DM.
40-stündiges Gebet
Laut Genehmigungsurkunde des Bischöflichen-Generalvikariats in Münster vom
17.01.1903 betrug das Stiftungskapital zur "Abhaltung des 40-stündigen Gebetes"
3.050,00 Mark. (siehe Archivakte).
Das 40-stündige Gebet wurde in unserer Pfarrei vor dem 1. Weltkrieg zu Pfingsten
begangen. Weil aber an den Feiertages der Ausflugsverkehr aus den umliegenden
Städten nach Grafenwald von Jahr zu Jahr zunahm und auch das Pfingstreisefieber
bei den Einheimischen begann, wurde das Stundengebet auf die 3 Fastnachtstage
verlegt. Die Betstundenordnung war folgende: 6.00 Uhr Aussetzung, 6 1/2 Uhr hl.
Messe, dann weitere hl. Messen udn Betstunden. Der Besuch war zuerst an allen
Tagen gut, weil die Bauern und selbstständige Handwerker an den Tagen nicht
arbeiteten und der Schulunterricht ausfiel. Die schulfreien Tage wurden von den
Ferien abgezogen.
Durch die angespannte Wirtschaftslage kamen an den Werktagen immer weniger Beter
zum Gottesdienst. Damit wurde im Jahr 1965 die Zahl der Betstunden gekürzt, so
dass an den Werktagen nur noch morgens und abends je eine Eucharistiefeier war.
1963
Zum Gedenken an das dreifache Jubiläum von Pfarrer Bernhard Franke:
75 Jahre Christ - am 17. Juli
50 Jahre Priester - am 8. März
25 Jahre Pastor - am 15. Juli
spendete die Gemeinde 5.600 DM für die Anschaffung neuer Glocken für die Kirche.
Pfarrer Franke
wurde am 16.07.1888 in Vreden geboren,
am 08.03.1913 zum Priester geweiht und
war seit dem 15.07.1938 Pfarrer in Grafenwald.
Am 1. Pfingsttag 1965 wurde er krank,
kam am 28.05.1965 ins Krankenhaus,
wurde am 16.06.1966 operiert und
starb am 12.03.1967.
1965
Die Kirchengemeinde St. Johannes in Kirchhellen erhielt ein neues Krankenhaus -
ein Erweiterungsbau an dem alten Krankenhausgebäude. In Grafenwald wurden durch
Kollekten-Sammlungen im Pfarrbezirk 11.000 DM dafür gespendet.
Küsterdienst
Johannes Lanfermann übernahm 1965 den Küsterdienst ganz von der Tante Sophie bis
November/Dezember 1966. Von Januar 1966 bis 29.3.1966 hatte Alois Rosing jun.
den Dienst übernommen. Ersatzweise führte dann wieder Johannes Lanfermann den
Dienst aus bis Dezember 1966. Seit 1967 versieht Theo Vienken den Küsterdienst. |