Die Chronik von Wilhelm Grafe

Johannes Lanfermann stellte aus Aufzeichnungen von Wilhelm Grafe folgende Chronik zusammen:

10.05.1909
Der Rektor Dr. Theodor Sunden wird Orts-Schulinspektor für Grafenwald.

01.05.1913
Am Feste Christi Himmelfahrt kam zum 1. Male in Grafenwald der Katholische Jünglingsverein zusammen in der alten Schule in Grafenwald.

01.05.1913
307 katholische Kinder und 11 evangelische Kinder = 318 Kinder besuchen die Schule Grafenwald. Vorhanden sind 4 Klassenräume und 4 Lehrkräfte.
Mit dem Neubau des Ostteils der Schule für 2 Klassenräume wurde begonnen.

12.10.1914
Der Orts-Schulinspektor Dr. Sunder führt die Lehrerin Händler, in Anwesenheit vom Schulvorstand und Lehrerkollegium in ihr Amt ein.
Kernspruch der Ansprache: "Höher als jeder Maler, höher als jeder Bildhauer schätze ich den, der die Seelen der Kinder zu bilden versteht."

23.03.1915
Firmung in Grafenwald. Zum 1. Male - durch Hochwürden Herrn Weihbischof Kappenberg.
Um 8 Uhr traf er ein. Wegen Kriegszeit nicht gekränzt, nur geflaggt.
Nach der Firmung hielt Herr Weihbischof eine Katechese über die Sakramente im allgemeinen, über die hl. Kommunion im besonderen. Im Rektorat fand die Begrüßung durch die Vereine, Schulklassen und Lehrer statt.

24.12.1916
fand im Saale Söller die Abschiedsfeier von Rektor Dr. Sunder statt. Es nahmen teil: Dr. Brügger (Amtmann der Gemeinde Kirchhellen), Pfarrer Schlöter (Pfarrer der Johannes-Pfarre in Kirchhellen), Kaplan Bernhard Franke (Johannes-Pfarre in Kirchhellen).
Der Saal konnte die Besucher nicht fassen. Sie schenkten dem scheidenden Rektor Dr. Sunder als Zeichen der Liebe und Dankbarkeit ein silbernes Essbesteck (624,50 DM) und ein Rochett (85,00 DM).

09.12.1916
Der Herr (Rektor) Orts-Schulinspektor Dr. Sunder nahm Abschied von den Kindern. Er übergab jedem Schüler zum Andenken eine Medaille mit der Unterschrift: "Satan weiche! Was du bereitest, ist Gift. Das genieße selbst."

Am 10.12.1916
verließ der Rektor mit dem Wagen von Eulering-Otte Grafenwald. Hasebrink und Rektor (an der Schule Grafenwald) Sengelhoff gaben ihm bis zur Bahn das Geleit.

17.12.1916
Zum Nachfolger wurde der Kaplan Vissing in Warendorf ernannt. Vor Neujahr kann er die Stelle nicht antreten. Verschiedene Patres sorgen für Aushilfe.

04.01.1917
Rektor Vissing kommt an. Dem Ernste der Kriegszeit entsprechend hatte man auf seinen Wunsch von jeglicher Empfangsfeierlichkeit abgesehen.

21.01.1917
Der Knappenverein St. Josef (Grafenwald) veranstaltet einen Theaterabend. Mädchen der Schule führen 2 Theaterstücke auf. Auch Reigen werden vorgeführt. Die Erwachsenen spielten "Am Felsenkreuz" (ernst) und "Im Lausenest" (lustig). Anfang 5 Uhr, Ende 9.30 Uhr.

07.06.1917
Josef Wieschermann, Sohn des Bauern Wieschermann, wird in Brixen zum Priester geweiht.

10.06.1917
Die Primizfeier wurde von ganz Grafenwald als ein besonderer Ehrentag gefeiert. Im ganzen Schulbezirk wetteiferte man an Fleiß bei der Ausschmückung der Kirche und des Weges, den der Priester nehmen musste. Am Abend vorher und am Morgen Böllerschüsse, 9.30 Uhr feierliche Abholung durch Fahnenträger, Engelchen, Kirchenchor. Feierliches Amt unter Pfarrer Schlöter (Kirchhellen), Rektor Sunder und Kaplan Dieckmann aus Kirchhellen. Der Chor sang die 10. Messe und Teile aus der Missa I von Jaspers. Die Predigt hielt Pfarrer Vissing, Die Andacht der Primizamt.

26.05.1918
In der Zeit vom 12.-26. Mai 1918 fand in Grafenwald eine Missionserneuerung statt. In der Woche vor Pfingsten hielt ein Jesuitenpater täglich 2 Predigten für Frauen und Jungfrauen, in der zweiten Woche für Männer und Jünglinge, die Kinder hatten am Nachmittag von 3 - 4 Uhr eine Predigt. Am 26. Mai war von 6 - 7 Uhr eine Schlussandacht. Am 27. morgens 8 Uhr ein Seelenamt für die gefallenen Krieger.

Während der Mission wurden eine Jungfrauenkongregation und eine Jünglingskongregation gegründet. Lehrerin Weyand ist Präfektin der Jungfrauenkongregation.

14.05.1919
Rektorat Grafenwald wird zur Pfarrgemeinde erhoben.

17.03.1922
Kirche und Pastorat erhalten elektrische Beleuchtung.

26.10.1924
Heute feiert die Kirchengemeinde Grafenwald das schöne Fest des 25-jährigen Jubiläums ihres Gotteshauses, das als erstes in der ganzen Diözese bei seiner Einweihung unter den Schutz der Heiligen Familie Jesus, Maria und Josef gestellt wurde. Zur Zeit des Kirchenbaues war an der Schule nur eine einzige Lehrkraft tätig. Jetzt wirken an dem Schulsystem Grafenwald 6 Lehrpersonen. Die Seelenzahl der jungen Pfarrgemeinde beträgt mit 1.300 Katholiken nur etwa 400 mehr als bei der Einweihung der Kirche vor 25 Jahren.
Erwähnt sei noch, dass der Lehrer Wessels zum Jubelfeste der Kirche das mundartliche Lied "Grafenwald" schreibt, das mit großer Begeisterung aufgenommen wird.

15.09.1929
wurde eine Heizung für die Kirche angeschafft. Finanzierung der Kosten durch Sammlung bzw. Anleihe von 2000 DM bei Wieschermann. Rückzahlung in 4 Jahren.

01.12.1929
Kirche erhielt Warmluftheizung.
Lieferant: Firma Mahr, Aachen; Maurerarbeiten: die hiesige Firma Heinrich Büsken.

09.11.1930
Todestag des Lehrers und Heimatdichters Kars Wessels.

01.05.1934
Pfarrgemeinde hat 1.440 Seelen.

10.03.1935
Todestag des Lehrers und des Dirigenten des Kirchenchores: Josef Sengelhoff.

Januar 1936
Der Gemeindeteil Grafenwald zählt etwa 1.350 Seelen. Die Wegeverhältnisse im Gemeindeteil Grafenwald sind zum Teil sehr schlecht.

11.11.1936
Elektrisches Geläute und elektrisches Orgelgebläse sind durch die Kirchhellener Firmen Bernhard Stratmann und Theodor Große-Allekotte installiert.

28.07.1937
Pfarrer Vissing gestorben. Vertretung durch Kaplan Alwin Rüve.

1937
Gemäß Anordnung der Regierung dürfen die Geistlichen nicht mehr den Religionsunterricht in der Schule erteilen. Der kirchliche Unterricht wird nun in der Sakristei und in der Kirche gegeben.

15.07.1938
wurde Kaplan Bernhard Franke zum neuen Pfarrer an unserer Kirche berufen.

1939 - 1945
In jedem Klassenzimmer hängt das Bild des "Führers". Es nimmt den ersten Platz ein. Das Kreuz muss an der Schauwand verschwinden und an einer Seitenwand angebracht werden. Zu Beginn jeder Woche muss der Schulleiter "die Parole der Woche" bekanntgeben. Z. B. "Du bist nichts, dein Volk ist alles."

18.08.1940
Der Bürgermeister und Ortsgruppenleiter der Gemeinde Kirchhellen, Fritz Nott, fordert für Kriegszwecke von der Kirchengemeinde Grafenwald, die Abgabe des Eisengitters vor dem Pfarrhaus. Kirchenvorstand und Pfarrer Franke sind erst bereit der Aufforderung zu folgen, wenn Ersatz geliefert wird.

18.08.1940
Rentner Söller hat 1922 der Kirchengemeinde 12.000 Goldmark geliehen. Der Kirchenvorstand wertet die Summe mit 26,5 % auf.

1940
wurden im Chorraum die Fenster zugemauert, die Seitenwände rundum in der Kirche bis zu 3 m Höhe mit Holz verkleidet und neue Kreuzweg-Bilder angeschafft.

27.07.1941
Der Entwurf des Malers Weber aus Düsseldorf wurde angenommen. Es sollen aber erst Wände und Decken von alter Farbe gereinigt, ausgebessert, isoliert, vorgestrichen und nach Skizze fertig gestrichen werden, im Wert von 950,00 Mark. Drei Wandfresken für 3.500,00 Mark. Gerüst, Maurer- und Putzarbeiten sind nicht in obigen Preisen enthalten. Der Sockel des Innenraumes soll in Eichensperrholz vertäfelt werden: qm 12,00 Mark.

14.08.1941
Die Küsterin, Frau Sophia Lanfermann, erhält 70,00 Mark monatlich, der Kirchenschweizer 300,00 Mark jährlich.

Pfarrer Franke hat in seinem Tagebuch das Kriegsende beschrieben. Wilhelm Grafe setzt diese Chronik fort:

Hier schließt der Bericht von Pfarrer Franke. Ich, Willi Grafe, Rektor a. D., setze die Chronik fort.

Dienstag, 27.03.1945, ist das ganze Gebiet der Pfarrgemeinde Grafenwald von den amerikanischen Soldaten belegt. Irgendwelchen Widerstand hat die Zivilbevölkerung nicht geleistet. Wenn sich auch die fremden Truppen nicht willkommen heißen konnte, so war sie doch froh, von der Diktatur Hitlers frei zu sein. Sie vertraute vor allem auf das durch das Radio offiziell und feierlich gegebene Wort des Oberkommandanten General Eisenhower, dass das Eigentum vollen Schutz genießen würde, die Personenrechte gewahrt bleiben sollten und, dass er bereit wäre, alles zu tun, wodurch die Ernährung sicher gestellt werden sollte.

Schon am Mittwochabend (28.03.), sind unter den Augen der amerikanischen Truppen 2 Geschäfte von russischen und polnischen Zivilisten ausgeplündert worden. Seit der Zeit hörten die Plünderungen der Bauernhöfe und das Eindringen in die Wohnungen nicht mehr auf. Schmuck, Uhren, Radios und Wertgegenstände wurden fast aus allen Wohnungen gestohlen.

Das amerikanische Militär ist um Hilfe angegangen. Der Pfarrer Franke sprach persönlich bei der Besatzungsbehörde vor. Aber die Amerikaner gingen nicht gegen die Plünderer vor. Sie duldeten die Plünderung. Sie zuckten die Achsel mit dem Hinweis auf das Vorgehen der Nazis, der Deutschen, in Feindesland. Dieser Vorwurf kann die hiesige Bevölkerung nicht treffen. Sie war bis 1933 die Hochburg des Zentrums. Die Wähler dieser Partei haben bis zum letzten gegen Hitler gekämpft. Auch nach 1933 gaben sie den Widerstand nicht auf. Freilich haben sie nicht mit der Waffe in der Hand gekämpft. Das wäre auch zwecklos gewesen, weil sie im Reich nur eine Minderheit waren. Das hat aber die Entente (Einvernehmen, Einverständnis, Staatenbündnis) nicht getan, als Hitler gegen Recht und Vertrag das linke Rheinland besetzte, trotzdem sie dazu imstande war, und besser als wir wussten, was gespielt wurde. Wie haben, mit wenigen Ausnahmen den Eintritt in den Krieg nicht gebilligt. Die ausländischen Kriegsgefangenen wurde in dieser Gegend menschenwürdig behandelt. Man gab ihnen Essen, Trinken und Kleidung. Die bei den Bauern beschäftigten Gefangenen aßen sogar am Familientisch und wurden wie eigene Kinder behandelt, obwohl sich die Gastgeber für diese humane Behandlung nach dem Gesetz strafbar machten und Gefängnis oder KZ (Konzentrationslager) zu erwarten hatten.

Wochenlang dauerte nach dem Kriege die Plünderung durch russische und polnische Banden an. Manchmal tarnten sie sich in amerikanischer Uniform. Bei einem Raubüberfall auf den Hof Klüserner (an der Grafenmühle / inzwischen abgebrochen) wurde der Bauer erschossen. Ein Radfahrer, der nicht sofort sein Rad abgeben wollte, wurde niedergemacht. Selbst der Bürgermeister Schulze Oechtering - in Kirchhellen - musste zusehen, wie ihm vor dem Amtshaus ein neues Fahrrad gestohlen wurde.

Beim Durchmarsch der Truppen fielen leider auch Grafenwälder: Thesing Johann, Hasebrink Josef, Lemm Bernhard, Dieckmann Johannes.

Bei den Kämpfen in unserer Gemeinde fielen über 100 deutsche Soldaten und mehrere Zivilisten. Tochter Rosing und Tochter Basten sind bei einem Bombenangriff umgekommen.

Nach dem Durchmarsch bot Grafenwald ein Bild des Grauens und der Verwirrung. Die Straßen waren von den Panzern tief zerfurcht und von Minen und Granaten aufgerissen. Fast alle Telefon- und Stromleitungen lagen am Boden. Die Wasserleitungen waren zerstört. Auf den Dächern fehlten die Ziegel und in den Fenstern das Glas.

Am meisten aber quälte der Hunger.

Als Bürgermeister Albert Schulze-Oechtering die trostlose Lage sah, rief er aus: "Wir sind um 100 Jahre in Kultur und Zivilisation zurückgeworfen."

In der Not beteten die Leute wieder mehr als sonst um Gottes Hilfe. Der Gottesdienst wurde gut besucht.

Schon 3 Wochen nach dem Zusammenbruch konnten die Kinder zur 1. hl. Kommunion gehen. Damit die Kinder nicht leiblich hungern brauchten, stiftete ein Müller aus Grafenwald 5 Pfund Mehl für jedes Kommunionkind.

Die Schule blieb ein halbes Jahr geschlossen. Nach dem Krieg war allen Lehrkräften der Unterricht untersagt. Bis dahin aber gaben die Lehrer Willi Grafe und Frau Schnitzler heimlich Unterricht in der Sakristei in der Kirche. 12 Stunden wöchentlich.

Im Juni 1946 erhielt die Pfarrgemeinde wieder einen neuen Kaplan, den Steyler Pater Wilhelm Wemmer, der - nach einem halben Jahr - im Oktober durch den Pater August Vorgert abgelöst wurde.

Allen Gläubigen waren froh, dass sich die kirchlichen und zivilen Verhältnisse allmählich wieder normalisierten.

Es hätte schlimmer kommen können.

Im Oktober 1945 veranstaltete die Pfarrgemeinde eine Dankwoche mit täglichem Gottesdienst und täglichen Predigten. Fast alle Bewohner der Pfarre nahmen daran teil. Zum Abschluss war am Christkönigsfest Generalkommunion. Abends zog zum ersten Mal ein stattlicher Fackelzug um die Kirche. Die Teilnehmer gelobten, jedes Jahr am Christkönigsfest, in gleicher Weise einen Fackelzug zu halten.

Für die Aushilfe bei festlichen Anlässen konnte jetzt der Pfarrer neben den Kapuzinerpatres aus Sterkrade, auch die Redemptoristen aus Kirchhellen heranziehen. Diese (letztgenannten) Ordensgeistlichen haben sich 1945 ein Kloster in Kirchhellen, in der Villa Körner (heute an der Hauptstraße in Kirchhellen) eingerichtet.

Durch die Zuweisung von 100 Flüchtlingen und Vertriebenen nach Grafenwald wurde der Aufgabenkreis der Kirchengemeinde in Grafenwald immer größer. Allein 25 Flüchtlingskinder mussten eingeschult werden. Die Heimatvertriebenen fanden liebevolle Aufnahme bei den Einheimischen. Der Pfarrer musste für einige Monate sich wohnlich einschränken und eine Witwe mit 3 Kindern im Pfarrhaus beherbergen.

Im September 1945
wurde die Schule in Grafenwald wieder eröffnet. Sämtliche Lehrkräfte durften, weil sie politisch nicht belastet waren, wieder Unterricht geben.

1.10.1945
Nach 10-jähriger Verbannung konnte heute zum ersten Mal wieder ein Geistlicher in die Schule kommen. Aus diesem Anlass war die Schule geschmückt. Gedichte, Lieder und Ansprachen umrahmten die Feier. Der Pfarrer Franke und auch die Kinder waren zu dem feierlichen Augenblick so tief ergriffen, dass die Freudentränen reichlich flossen.

25.12.1946
Als Weihnachtsgeschenk erhielt die Kirche eine elektrische Turmuhr. So stammt von der Firma Vortmann in Recklinghausen. Uhr und Uhrwerk haben ein Gewicht von 15 Doppelzentnern. Sie kostet 6 - 7 Tausend DM. Das Geld wird durch Kollekte aufgebracht. Jetzt weiß man in Grafenwald, was die Uhr geschlagen hat. Doch die Freude währte nicht lange. Sie war zu einer "Nachtuhr" geworden. Häufig blieb sie nachts stehen und musste immer wieder durch einen Laien in Gang gebracht werden. 1964, nach 18 Jahren fällt das Uhrgewicht nachts um 4 Uhr mit donnerartigem Gepolter durch das Gewölbe, durch die Orgelbühne bis in den Kirchenflur, dass von dem Schlag die Nachbarn erwachten. Die Instandsetzung der Uhr wurde bis zum Neubau der Kirche verschoben.

10.05.1947
Heute spendet der Hochwürden Herr Weihbischof Heinrich Roleff - 1936-1966 - 200 Kindern der Schule Grafenwald die hl. Firmung. Der Bischof wird von Reitern und Radfahrern abgeholt. Beim feierlichen Empfang vor dem Kirchplatz trägt ein Schulkind ein Gedicht vor. Die Lehrkräfte übernahmen die Firmpatenschaft. Nach der Feier gewährte der Bischof dem Lehrerkollegium eine Audienz. Dabei behandelte der hohe Herr die geschichtliche Entwicklung der Schule, angefangen von der Klosterschule bis zur Staatsschule. Die Ausführungen waren mit einem urwüchsigen Humor durchwürzt.

Schneller als man erwartet hatte, begann nach dem verlorenen Krieg der Wiederaufbau des Landes. Die Reichsmark wurde entwertet und durch die Deutsche Mark ersetzt. Jeder Deutsche erhielt für den Anfang eine Kopfquote von 20 bzw. 40 Deutsche Mark = DM. Der Wohlstand wuchs, und schon bald sprach man von dem deutschen Wirtschaftswunder. Während 2/3 der Menschheit hungerten, hatten wir mehr als satt zu essen. Die Kirche rief deshalb zu Spenden für den Hunger in der Welt auf. Die erste Sammlung war am 23.03.1959. Sie erbrachte in Grafenwald 9.065 DM. Das sind 300,00 DM mehr als in der großen Pfarrgemeinde Kirchhellen. Die Sammlung fand einen guten Zuspruch, so dass von jetzt ab jedes Jahr in der Fastenzeit für die Hungrigen gespendet wurde. Das Ergebnis in Grafenwald schwankte immer zwischen 6.000 und 9.000 DM.
Zu dem Mangel an Brot in der Welt gesellte sich noch der Mangel an Priestern und Missionaren. Abermals rief die Kirche zu Spenden auf für die Priesterausbildung in Lateinamerika. Die Sammlung, die erstmals im Advent abgehalten wurde, erhielt den Namen "ADVENIAT-KOLLEKTE". Sie wurde zu einer Dauereinrichtung. Die Ergebnisse waren in Grafenwald ungefähr die gleichen wie bei den Hungerkollekten.

Von Oktober 1946 - 28.12.1948
wirkte Pater Vorgerd in Grafenwald. Er war sehr eifrig in der Kirche und in den Vereinen. Er sammelte zuerst die katholischen Männer im katholischen Arbeitsverein. Der Präses sagte sich, wenn ich erst die Väter gewonnen habe, dann bekomme ich von selbst die Jugend. Alle Vereine, die durch das Hitlerregim (während der Nazizeit) aufgelöst waren, begannten von neuenem ihre segensreiche Tätigkeit. Der Präses stellte sein ganzes Wirken unter dem Schutz des Hlst. Herzen Jesu.
Dann führte er auch die "Heilige Stunde" wieder ein. Bei seinen Hausbesuchen weihte er die Familien dem Hlst. Herzen Jesu. Von der unermüdlichen Arbeit des Paters ging ein großer Segen für die ganze Gemeinde aus. Darum bedauerten alle Pfarrkinder, dass er im Dezember 1948 Grafenwald verlassen musste. Sie freuten sich aber, dass er die ehrenvolle Berufung als Missionar nach Brasilien erhalten hatte.

Der Abschied von dem geliebten Selektierten fiel allen schwer. In den letzten zwei Jahren hatte das religiöse Leben durch den Pater in Grafenwald einen sichtbaren Aufschwung genommen. Der Arbeiterverein und die Jungmänner-Sodalität, deren Präses der Scheidende war, erstanden zu neuem Leben. Aus Dankbarkeit sammelte der Arbeiterverein Geld für ein Abschiedsgeschenk. Die Entlassungsfeier fand bei Buschler statt. Der Saal war brechend voll. Hauptlehrer Grafe überreichte im Namen der Pfarrgemeinde dem Pater ein Schreiben, 450,00 DM, einen Photoapparat im Werte von 200,00 DM.

Oktober 1949:
Vor 50 Jahren wurde die Kirche in Grafenwald geweiht. Das war Grund genug, das Goldene Jubiläum feierlich zu begehen. Für eine äußere Feier langten die Mittel nicht. Die wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Kriege waren noch zu schlecht. Dafür war die Beteiligung an der inneren kirchlichen Feier einer großen Volksmission um so besser. Drei Patres aus dem Klemenskloster hielten täglich vier Predigten: um 6, 8, 16 und 20 Uhr. 90 % der Bevölkerung machte mit. Für die Schulkinder waren an drei Tagen Predigten. Außerdem hielten die Patres jeden Morgen in der Schulmesse eine kurze Kinderlehre.
Zur Erinnerung an die Volksmission wurde auf dem Kirchplatz ein Missionskreuz errichtet. Ein Fackelzug beschloss die gnadenvollen Tage.

Oktober 1949
Aus Heeresbestand erwarb die Pfarrgemeinde eine große Holzbaracke. Sie wurde später umgebaut zu einem massiven Pfarrheim. Alle Arbeiten wurden durch Eigenhilfe der Grafenwälder ausgeführt. Das Pfarrheim kann von allen katholischen Vereinen benutzt werden. Auch die Schule macht davon Gebrauch. Die evangelische Kirchengemeinde feiert darin sogar ihren Gottesdienst.
Großer Segen ist in all den Jahren vom Pfarrheim ausgegangen. Täglich ist das Heim besetzt. Dei Jugendlichen halten dort ihre Heimabende und die Erwachsenen ihre Sitzungen ab. Wenn die Schule oder die Vereine hier Theater spielen, ist der Saal viel zu klein. Die Aufführungen müssen wiederholt werden. Das Pfarrheim macht sich bezahlt. Darum können auch schon bald die alten Bänke durch Stühle und die Glasfenster durch bleiverglaste Fenster ersetzt werden.
Das Pfarrheim ist ein kleines Schmuckkästchen geworden. Für die Jugend ist ein Filmapparat und ein Tonbandgerät angeschafft. Durch diese Anschaffungen wurden die unkontrollierten Kinovorstellungen im Saale Buschler verdrängt.

Oktober 1949
Vor 50 Jahren wurde die Kirche Grafenwald geweiht. Das war Grund genug, das Goldene Jubiläum feierlich zu begehen. Für eine äußere Feier langten die Mittel nicht, waren die wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Kriege noch zu schlecht. Dafür war die Beteiligung an der inneren kirchlichen Feier einer großen Volksmission um so besser. Drei Patres aus dem Redemptoristenkloster in Kirchhellen hielten täglich 4 Predigten: um 6, 8, 16 und 20 Uhr. 90% der Bewohner Grafenwalds machten mit. Für die Schulkinder waren an drei Tagen Predigten. Außerdem hielten die Patres jeden Morgen in der Schulmesse eine kurze Kinderlehre. Zur Erinnerung an die Volksmission wurde auf dem Kirchplatz ein neues Missionskreuz errichtet. Ein großer Fackelzug beschloss die gnadenvollen Tage.

1950
wurde mit der Bebauung "Wachtmeisterskamp" (ursprünglich Frankenhügel weil Pastor Franke die Bebauungsmöglichkeit an dieser Stelle vom Kauf der Grundstücke bis zur möglichen Bebauung in die Hand genommen hat).

Ostern 1950
Zum Goldenen Kirchenjubiläum stifteten die Grafenwälder einem neuen Altaraufbau aus handgeschmiedetem Kupfer und Messing von einem Bottroper Kunsthandwerker: Josef Hessling. Die Rohstoffe stammten aus restlichem Kriegsmaterial wie Granathülsen und Kartuschen.

30.01.1952
Neuer Heizungsofen für die Kirche "Kronos Nr. 7" wurde angeschafft von der Firma Junker, Dortmund. Wert 3.545,00 DM.

15.05.1952
Wieder spendet der Hochwürdige Herr Weihbischof Roleff in Grafenwald die hl. Firmung.

08.07.1952
Der Hochwürdige Herr Bischof Michael Keller aus Münster visitiert für eine Stunde - unangemeldet - die Pfarrgemeinde. Exellenz hält in der Kirche eine Ansprache an alle Schulkinder und begrüßt die Lehrpersonen durch Handschlag. Nach einer weiteren Stunde reist er wieder ab.

1955 - 1957
Die Kirche erhält neue Fenster, von den kirchlichen Vereinen gestiftet.

18.03.1957
Der Hochwürdige Herr Weihbischof Baaken spendet 125 Kindern die hl. Firmung. Zum ersten Mal hat jedes Kind einen besonderen Paten aus der Verwandtschaft oder Bekanntschaft.

22.03.1959
Die Sammlung für den Hunger in der Welt erbrachte 9.365,00 DM. 300,00 DM mehr als in Kirchhellen.

Die Jugend besuchte die Katholikentage:
    1959   in Berlin
                in Hannover - Eucharistischen Kongress
    1960   in München
                Jugendtag in Stuttgart

Adveniat
Zu dem Mangel an Brot in der Welt gesellte sich noch der Mangel an Priestern und Missionaren. Abermals rief die Kirche zu Spenden auf für die Priesterausbildung in Lateinamerika. Die Sammlung, die erstmalig im Advent abgehalten wurde, erhielt den Namen "ADVENIAT-KOLLEKTE". Sie wurde zu einer Dauereinrichtung. Die Ergebnisse waren in Grafenwald ungefähr die gleichen wie bei den "HUNGERKOLLEKTEN".

Die 1. Sammlung für den Neubau einer Kirche begann in 1956. Die Gemeinde war in 19 Sammelbezirke eingeteilt. 1962 besucht Pfarrer alle Familien und wirbt um eine Spende. Die meisten versprachen einen Monatslohn.

Evangelische Mitchristen in der Pfarrgemeinde:
Das Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten war in Kirchhellen und Grafenwald immer gut. Etwa 25 evangelische Kinder besuchten die katholische Schule in Grafenwald. Sie hatten einen gesonderten Religionsunterricht, der von Lehrern aus den Nachbarorten und später von dem evangelischen Pfarrer erteilt wurde.
Am 16.09.1959 konnte die erste evangelische Kalle in der Schule Holthausen eröffnet werden. Die evangelischen Kinder von Grafenwald blieben aber noch hier.
Am 13.05.1962 wurde die evangelische Paulus-Kirche in Kirchhellen eingeweiht. Am 01.10.1967 wurde die evangelische 4-klassige Matthias-Claudius-Schule in Kirchhellen in Betrieb genommen. Die evangelischen Kinder verließen die Schule Grafenwald und wurden täglich mit Bussen nach Kirchhellen zur Schule gebracht.

16.09.1962
Weihbischof Tenhumberg spendet 50 Kindern die hl. Firmung.

Die Erstkommunionfeier in Grafenwald

Die Erstkommunionfeier fand gewöhnlich am Weißen Sonntag, mal früher mal später, je nach Lage der Osterferien, statt. Die Kinder gingen am Ende des 4., später am Ende des 3. Schuljahres zur Erstkommunion. Durch einen besonderen Unterricht, der von einem Geistlichen gegeben wurde, bereiteten sich die Kinder auf den Tag vor. 4 Wochen vor der Feier kamen die Mütter der Kinder zusammen und besprachen die Kleiderfrage, ob blau oder weiße Kleider, lange oder kurze Strümpfe getragen werden sollten.
Am Festtag versammelten sich die Kinder um 6.45 Uhr in der schule zum Morgengebet. Dann wurden die Kommunionkinder vom Pfarrer, dem Kirchenchor und den Fahnenträgern mit den kirchlichen Fahnen, Wimpelträgern und Engelchen feierlich abgeholt. Besondere Kerzenengel begleiteten die Kinder zum Tisch des Herrn. Die Eltern kamen hinterher. Nach dem Gottesdienst gab es für die Kinder im Saale Buschler Kaffee und Kuchen. Danach besuchten sie die 2. hl. Messe (das Hochamt) und am Nachmittag die Andacht. Die Kinder waren nur kurze Zeit im Familienkreis. Darum wurde der gemeinsame Kaffeetisch (am Morgen nach der Frühmesse) bei Buschler/Söller abgeschafft. Die Eltern wollten an dem Tage sich mehr den Kindern widmen.

Seit Weißen Sonntag 1951 wurde die Feier der Erstkommunion in anderer Weise gehalten. Die Eltern mit den Kommunionkindern gesammelten sich um 7.00 Uhr im Pfarrheim zum gemeinsamen Morgengebet.
Vater und Mutter nahmen das Kind nach der feierlichen Abholung und auch in der Kirche zwischen sich. Sie gingen gemeinsam zur Kommunion. Auch in der Andacht am Nachmittag nahmen alle Teilnehmer in der selben Ordnung wieder die Plätze in den Kirchenbänken ein. Da fehlte kein Elternpaar mehr in der Andacht, oder es wäre durch die entstehende Lücke sehr aufgefallen. Die Kinder gaben einen ansehnlichen Teil ihrer Geldgeschenke für die Mission ab. Der Pfarrer teilte Bilder oder Medaillen aus. Am nächsten Tag gingen die Kinder wieder zur Kommunion und hatten dann schulfrei.

Diese Art der Feier der Erstkommunion wurde etwa 8 Jahre lang beibehalten. Der Wohlstand führte dazu, dass die außerkirchliche Feier größere Formen annahmen und die Kinder von der Hauptsache abgelenkt wurden. Daher erließ der Bischof im April 1961 Richtlinien für die Einführung der Frühkommunion. Damit entfiel generell der "Erstkommunionstag" am Weißensonntag. Der Pfarrer und die Lehrpersonen setzten sich tatkräftig dafür ein. die hiesige Lehrerin Lammerding lud die Kinder des 1. Schuljahres mit ihren Müttern oder auch Vätern ein, in die Schule zu kommen und sie gab gab den ersten Unterricht. Die Unterweisung erstreckte sich über etwa 10 Zusammenkünfte. Zusätzlich gab der Pfarrer an 2 bis 3 Nachmittagen den Eltern Belehrungen über Frühkommunion. Nach der nötigen Vorbereitung konnten dann die Eltern mit ihrem Kommunionkind an einem beliebigen Sonntag oder Werktag zur Frühkommunion gehen. Damit hörte die gemeinsame Erstkommunion an einem Sonntag auf. Die (gemeinsame) weltliche Feier flaute auf ein bescheidenes Maß ab. Kinder und Eltern konnten sich ganz der Hauptsache widmen. Es wurde zwar Lange gegen die Neuerung protestiert. Aber allgemein erkannten die meisten den Segen, der von der Frühkommunion ausging. Die Zahl der häufigen Kommunion der Kinder und auch der Eltern stieg um ein gewaltiges Maß.

Sternsinger
Am 6.01.1963 wurde auf Anregung von der Lehrerin Frau Lammerding in Grafenwald der alte Brauch des Sternsingens eingeführt. Die Schulkinder bastelten Kostüme, Sterne und Schatzkästchen. Unter Führung der Lehrpersonen zogen mehrere Gruppen bei Wind und Wetter von Haus zu Haus, sangen und sammelten für wohltätige Zwecke (Leprakranke, Missionsschulen und Missionsausrüstungen).
Die erste Sammlung erbrachte 865,00 DM. Die Ergebnisse steigerten sich. Im Jahre 1968 erreichten sie eine Höhe von 1.467,50 DM.

40-stündiges Gebet
Laut Genehmigungsurkunde des Bischöflichen-Generalvikariats in Münster vom 17.01.1903 betrug das Stiftungskapital zur "Abhaltung des 40-stündigen Gebetes" 3.050,00 Mark. (siehe Archivakte).
Das 40-stündige Gebet wurde in unserer Pfarrei vor dem 1. Weltkrieg zu Pfingsten begangen. Weil aber an den Feiertages der Ausflugsverkehr aus den umliegenden Städten nach Grafenwald von Jahr zu Jahr zunahm und auch das Pfingstreisefieber bei den Einheimischen begann, wurde das Stundengebet auf die 3 Fastnachtstage verlegt. Die Betstundenordnung war folgende: 6.00 Uhr Aussetzung, 6 1/2 Uhr hl. Messe, dann weitere hl. Messen udn Betstunden. Der Besuch war zuerst an allen Tagen gut, weil die Bauern und selbstständige Handwerker an den Tagen nicht arbeiteten und der Schulunterricht ausfiel. Die schulfreien Tage wurden von den Ferien abgezogen.
Durch die angespannte Wirtschaftslage kamen an den Werktagen immer weniger Beter zum Gottesdienst. Damit wurde im Jahr 1965 die Zahl der Betstunden gekürzt, so dass an den Werktagen nur noch morgens und abends je eine Eucharistiefeier war.

1963
Zum Gedenken an das dreifache Jubiläum von Pfarrer Bernhard Franke:
    75 Jahre Christ - am 17. Juli
    50 Jahre Priester - am 8. März
    25 Jahre Pastor - am 15. Juli
spendete die Gemeinde 5.600 DM für die Anschaffung neuer Glocken für die Kirche.

Pfarrer Franke
    wurde am 16.07.1888 in Vreden geboren,
    am 08.03.1913 zum Priester geweiht und
    war seit dem 15.07.1938 Pfarrer in Grafenwald.
    Am 1. Pfingsttag 1965 wurde er krank,
    kam am 28.05.1965 ins Krankenhaus,
    wurde am 16.06.1966 operiert und
    starb am 12.03.1967.

1965
Die Kirchengemeinde St. Johannes in Kirchhellen erhielt ein neues Krankenhaus - ein Erweiterungsbau an dem alten Krankenhausgebäude. In Grafenwald wurden durch Kollekten-Sammlungen im Pfarrbezirk 11.000 DM dafür gespendet.

Küsterdienst
Johannes Lanfermann übernahm 1965 den Küsterdienst ganz von der Tante Sophie bis November/Dezember 1966. Von Januar 1966 bis 29.3.1966 hatte Alois Rosing jun. den Dienst übernommen. Ersatzweise führte dann wieder Johannes Lanfermann den Dienst aus bis Dezember 1966. Seit 1967 versieht Theo Vienken den Küsterdienst.


letzte Änderung: 16.05.2009 Impressum - Datenschutz